Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Klage eines Klinikbetreibers auf Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung weitgehend abgelehnt. Einschränkungen des Krankenhausbetriebes durch staatliche Vorgaben in Bezug auf das Freihalten von Kapazitäten während der Corona-Pandemie stellen keinen Versicherungsfall im Rahmen der Betriebsschließungsversicherung dar.
Die Klägerin ist Betreiberin eines im Krankenhausplan des Freistaates Bayern auf-genommen Klinikums und unterhält bei dem beklagten Versicherer eine Betriebsschließungsversicherung. Diese gewährt eine Entschädigung, wenn der versicherte Betrieb von der zuständigen Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zur Verhinderung der Verbreitung gefährlicher Infektionskrankheiten geschlossen wird. Im März und Mai 2020 erließ die Bayerische Staatsregierung Allgemeinverfügungen, nach denen die in den Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhäuser verpflichtet waren, planbare Behandlungen im Rahmen des medizinisch Vertretbaren zurückzustellen und möglichst umfangreiche Kapazitäten für die Versorgung von COVID-19-Patienten freizumachen. Die Klägerin hält angesichts dieser Anordnungen einen Versicherungsfall für gegeben und fordert für 60 Schließungstage und unter Anrechnung staatlicher Ausgleichszahlungen eine Entschädigung von mehr als 2,8 Millionen EUR von der Beklagten.
In erster Instanz hatte das Landgericht Amberg ein Grundurteil erlassen und den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte überwiegend Erfolg. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat das Grundurteil nur insofern bestätigt, als Entschädigung für die Schließung der in dem Klinikum betriebenen Cafeteria zu leisten ist.
Im Hinblick auf den eigentlichen Krankenhausbetrieb verneinte das Oberlandesgericht einen Versicherungsfall. Insoweit fehle es an der in den Versicherungsbedingungen genannten Voraussetzung einer Schließung des versicherten Betriebes bzw. abgrenzbaren Betriebsteils. Eine Schließung des gesamten Krankenhausbetriebes sei durch die Allgemeinverfügungen behördlich nicht angeordnet gewesen. Das Klinikum sei im betroffenen Zeitraum weiterhin in Betrieb und aufnahmebereit gewesen. Die Klägerin habe sich wirtschaftlich sinnvoll betätigen können, so dass auch eine faktische Schließung nicht festzustellen sei. Das behördlich abverlangte Freihalten von Kapazitäten stelle sich als bloße Betriebseinschränkung dar, die vom Begriff der Schließung nicht mitumfasst sei. Ein verständiger Versicherungsnehmer entnehme dem maßgeblichen Bedingungswerk, dass allein das Ausbleiben einer bestimmten Art oder Anzahl von Patienten und sich hieraus ergebende Umsatzeinbußen nicht als Schließung versichert sind. Auch würden weder der Sinnzusammenhang noch der Zweck des Bedingungswerkes verlangen, bloße Betriebseinschränkungen einer echten Schließung gleichzustellen.
Nachdem die Klägerin nach Auffassung des Oberlandesgerichts bereits dem Grunde nach keine Entschädigungsleistung für den eigentlichen Krankenhausbetrieb beanspruchen kann, wurde die Klage insoweit abgewiesen. Die Höhe der Entschädigung für die Schließung der Cafeteria wird im Nachgang durch das Landgericht Amberg festgestellt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
(Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27.05.2024, Az. 8 U 1004/23,
Urteil des Landgerichts Amberg vom 28.04.2023, Az. 24 O 42/22)