Das Oberlandesgericht München – 9. Strafsenat – unter Vorsitz von Herrn VRiOLG Christoph Wiesner hat heute nach 64 Tagen Hauptverhandlung den Angeklagten Valid D. wegen Sichbereiterklärens zum Mord, der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Delikten nach dem Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt. Daneben hat der Senat die Einziehung des Pkw des Angeklagten und weiterer Gegenstände angeordnet.
Der Senat sah es als erwiesen an, dass ein Cousin des tschetschenischen Machthabers Kadyrow den Angeklagten beauftragt hat, den in Deutschland lebenden tschetschenischen Oppositionellen A., der sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen hat, zu töten. Ziel des Auftrags war es, durch Tötung des Nebenklägers die exiloppositionelle Tätigkeit von dessen älterem Bruder, einem der bekanntesten Kritiker des tschetschenischen Regimes, der im Exil in Schweden lebt und dort bereits Ziel eines Anschlags gewesen ist, zum Schweigen zu bringen. Diese politische Zielsetzung des Auftrags kannte und billigte der Angeklagte.
Mit der Ausführung der Tat hatte der Angeklagte einen anderen Tschetschenen beauftragt, der als Zeuge im Verfahren gehört wurde und auf dessen Aussagen der Senat sein Urteil im Wesentlichen stützt. Über den Wahrheitsgehalt von dessen Aussage hat sich der Senat durch eine Vielzahl weiterer Beweismittel und Indizien überzeugt.
Dieser Zeuge hatte sich aus Angst vor Repressalien zunächst zum Schein auf die Ausführung des Mordes eingelassen und reiste als Asylbewerber nach Deutschland ein. Er offenbarte sich letztlich einem Mitbewohner in der Asylunterkunft, der den Kontakt zum Nebenkläger und dem Bruder herstellte. In einem Telefonat im Dezember 2020 informierte der Zeuge die Brüder über den Tötungsauftrag. Der Nebenkläger benachrichtigte anschließend die Polizei. Der Angeklagte konnte daraufhin festgenommen werden.
Der Senat hat in seinem Urteil auch die Hypothesen abgewogen, dass es sich um ein mögliches Komplott gegen den Angeklagten gehandelt haben oder dass auch der Angeklagte nur zum Schein auf den Mordauftrag eingegangen sein könnte. Beide Hypothesen hat der Senat nach eingehender Prüfung der Beweislage verworfen und auch ausgeschlossen, dass der Angeklagte von der Straftat strafbefreiend zurückgetreten ist.
Bei der Strafzumessung würdigte der Senat zugunsten des Angeklagten im Wesentlichen, dass dieser nicht vorbestraft ist, sich seit 2 ½ Jahren unter strengen Bedingungen in Untersuchungshaft befindet, ihm durch die Verurteilung möglicherweise die Ausweisung droht und dass auch er sich einem gewissen Druck ausgesetzt gesehen haben mag, den Mordauftrag anzunehmen. Der Senat hat dem Angeklagten auch zugutegehalten, dass sein Pkw und weitere werthaltige Gegenstände eingezogen wurden.
Zu seinen Lasten wertete der Senat, dass die Planung der Ermordung des Nebenklägers schon weit gediehen war, da die Waffe besorgt, der Aufenthalt des Opfers ausgespäht und die Logistik des Anschlags geplant war. Der Angeklagte habe auch den Anschlagsplan über einen längeren Zeitraum beharrlich verfolgt. Erschwerend wertete der Senat auch, dass der Mordplan des Angeklagten zwei Mordmerkmale umfasste, das der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe, da der Mord aus politischen Motiven zur Unterdrückung Andersdenkender ausgeübt werden sollte. Zu Ungunsten des Angeklagten sprach auch, dass der Angeklagte mit der Tat drei Straftatbestände verwirklichte mit jeweils erheblicher Strafandrohung.
Die Fortdauer der Untersuchungshaft wurde angeordnet.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dem Angeklagten und dem Generalbundesanwalt steht das Rechtsmittel der Revision zu, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
(c) OLG München, 31.08.2023