Die Digitalisierung ist mittlerweile ein fester Bestandteil der Rheinland-Pfälzischen Justiz. Künstliche Intelligenz ist dabei ein wichtiges Mittel der Unterstützung, nicht jedoch ein Ersatz für den Menschen, betonte Vizepräsident des Oberlandesgerichts Koblenz Thomas Grünewald in seinen Begrüßungsworten zur heutigen Kick-Off Veranstaltung, an der auch Staatssekretär Dr. Matthias Frey teilnahm.
Zur Bewältigung von besonders umfangreichen Verfahren und Massenverfahren, insbesondere im Bereich des Baurechts, wird im Rahmen eines Pilotprojekts bei dem Oberlandesgericht Koblenz der Nutzen des intelligenten Strukturierungs- und Durchsuchungstools des Anbieters „Codefy“ für die Richterinnen und Richter in einem Testbetrieb eingeführt. Die Pilotierung, die bundesweit erstmals für zweitinstanzliche Verfahren erfolgt, umfasst zunächst den Einsatz in vier Zivilsenaten.
Im Rahmen der heutigen Einführungsveranstaltung wurde den Richterinnen und Richtern sowie weiteren Bediensteten die KI-Anwendung ‚Codefy‘ vorgestellt. ‚Codefy‘ verfügt über ein KI-unterstütztes Strukturierungs- und Durchsuchungstool, mit dem umfangreiche Verfahrensakten, insbesondere in Umfangs- und Massenverfahren, schnell erfasst, aufgearbeitet und strukturiert werden können. ‚Codefy‘ liest dabei die Akte aus, erstellt selbstständig ein Inhaltsverzeichnis unter Erkennung wesentlicher verfahrensrelevanter Aspekte (Verfahrenshandlungen, wesentlicher Tatsachenvortrag) und ermöglicht dem zuständigen Entscheider so einen schnellen Überblick über die Akte. Durch eine integrierte Relationstabelle kann die Richterin oder der Richter den Verfahrensstoff zielführend gliedern, im weiteren Verfahrensverlauf immer wieder darauf zugreifen und stetig fortschreiben. Mit eigenständig zu konfigurierenden KI-Prüfassistenten und Textbausteinen können die Richterinnen und Richter bei der Vorbereitung ihrer individuellen Entscheidung unterstützt werden Ziel der Pilotierung ist es, Erkenntnisse darüber zu erlangen, ob und in welchen Bereichen heutige KI-Anwendungen Richterinnen und Richter in zweitinstanzlichen Umfangsverfahren unterstützen können, ohne die eigentliche Entscheidung vorwegzunehmen. „Der ‚Mensch in der Robe‘ kann nicht ersetzt werden; durch den Einsatz von KI könnten den Richterinnen und Richtern jedoch mehr Freiräume entstehen für den Kernbereich ihrer Tätigkeit, insbesondere die Entscheidungsfindung“, resümiert Thomas Grünewald.
(c) OLG Koblenz, 29.09.2023