Nach einem jetzt veröffentlichten Beschluss des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Februar 2024 ist die Auslieferung zum Zweck der Strafverfolgung eines wegen Drogenhandels gesuchten Briten an das Vereinigte Königreich für zulässig erklärt worden.
Noch vor einem Jahr hatte derselbe Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe eine vom Vereinigten Königreich erbetene Auslieferung als derzeit unzulässig abgelehnt und den damals ebenfalls wegen Drogenhandels in Großbritannien gesuchten, aus Albanien stammenden Strafverfolgten freigelassen (Az.: 301 OAus 1/23).
Grund der damaligen Entscheidung, die sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien ein mediales Echo ausgelöst hatte, war, dass Großbritannien im dortigen Verfahren innerhalb einer gesetzten und verlängerten Frist nicht dazu bereit gewesen war, detaillierte Fragen zu den im Vereinigten Königreich herrschenden Haftverhältnissen zu beantworten und angefragte Garantien zu den konkret von dem Verfolgten nach seiner Auslieferung im Vereinigten Königreich zu erwartenden Haftbedingungen abzugeben.
Solche Informationen und Garantien können nach dem internationalen Vertrag, der zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich als Folge des Brexit abgeschlossen worden war (TCA), von dem ersuchenden Staat verlangt werden, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme einer tatsächlichen Gefahr für den Schutz der Grundrechte der gesuchten Person bestehen.
In dem jetzt zur Entscheidung gelangten Fall verhielten sich die britischen Behörden anders als in dem vor einem Jahr zu entscheidenden Fall.
Im Januar 2024 waren sämtliche Fragen des Senats zu den konkret vom Strafverfolgten nach seiner Auslieferung zu erwartenden Haftverhältnissen beantwortet und die geforderten Garantien zu den zu erwartenden Haftbedingungen abgegeben worden. Die zuständige Behörde des Vereinigten Königreichs hatte insbesondere eine verbindliche und belastbare Garantie dahingehend abgegeben, dass der Strafverfolgte in konkret bezeichneten Haftanstalten und unter im einzelnen dargestellten Bedingungen inhaftiert werden wird, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts den menschenrechtlichen Mindestanforderungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) genügen.
Vor diesem Hintergrund ist der 1. Strafsenat nunmehr zu der Auffassung gelangt, dass die Auslieferung – trotz fortbestehender struktureller Mängel im Strafvollzug des Vereinigten Königreichs, etwa einer fortbestehenden durchschnittlichen Überbelegung der Gefängnisse – zulässig sei, weil die bestehende Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung des Strafverfolgten, insbesondere angesichts der einzelfallbezogenen Garantien und Informationen zu den konkreten Haftbedingungen, belastbar ausgeräumt worden sei.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2024, Aktenzeichen: 301 OAus 136/23
(c) OLG Karlsruhe, 21.03.2024