Im Fall der beiden Kinder, die an Silvester von Dänemark nach Deutschland gebracht worden waren und aufgrund einer Eilanordnung vom 5. Januar 2024 in die Obhut des Vaters zurückgelangt sind, hat der zuständige Familiensenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts mit Beschluss vom 19. Februar 2024 eine Beschwerdeentscheidung im sog. Hauptsacheverfahren zur Regelung der elterlichen Sorge getroffen. In dem Verfahren hatten die Eltern seit Oktober 2021 mit wechselseitigen Anträgen über das Sorgerecht für ihre beiden Kinder gestritten. Nach dem heute bekannt gegebenen Beschluss fehlt es den deutschen Gerichten wegen des inzwischen verfestigten Lebensmittelpunktes der Kinder in Dänemark inzwischen an der internationalen Zuständigkeit für Entscheidungen über das Sorgerecht. Das Oberlandesgericht hat damit eine entsprechende erstinstanzliche Entscheidung des Familiengerichts bestätigt, gegen welche die Mutter Beschwerde eingelegt hatte. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2023 hatte das Familiengericht die Sorgerechtsanträge beider Elternteile als unzulässig zurückgewiesen, weil die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Verlauf des Verfahrens entfallen war.
Die internationale Zuständigkeit für die Regelung der elterlichen Sorge richtet sich nach dem Haager Übereinkommen vom 19.10.1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit bezüglich der elterlichen Verantwortung und Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kinderschutzübereinkommen – KSÜ). Zuständig für sorgerechtliche Entscheidungen, die über Eilanordnungen wie die vom 5. Januar 2024 hinausgehen, sind danach die Behörden des Landes, in dem die Kinder ihren sog. gewöhnlichen Aufenthaltsort haben. Dieser befand sich im vorliegenden Fall ursprünglich in Deutschland und bestand dort auch zunächst noch fort, als die Kinder im August 2021 von einem Besuchswochenende in Dänemark abredewidrig nicht zurückgebracht wurden. Inzwischen haben die Kinder jedoch in Dänemark einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Dabei handelt es sich um einen rein faktisch geprägten Vorgang, für den es nicht mehr auf die Unrechtmäßigkeit des Obhutswechsels im Jahr 2021 ankommt. Entscheidend ist, dass seitdem alle rechtlichen Schritte in Dänemark mit dem Ziel einer Rückführung der Kinder erfolgslos ausgeschöpft wurden und dass die Kinder sich in ihrem neuen Umfeld eingelebt haben. Das ist hier nach rund 2 ½ Jahren der Fall, in denen die Kinder in der Familie des Vaters gelebt und die Schule – wenngleich mit Einschränkungen, die auch durch die anhaltende Konfliktsituation bedingt sind – besucht haben.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, gegen die kein Rechtsmittel möglich ist, bedeutet für die Beteiligten, dass sorgerechtliche Fragen nun voraussichtlich durch ein dänisches Gericht geklärt werden müssen. Ob und wann ein dänisches Gericht befasst wird, ist Sache der Beteiligten – eine Verweisung des hiesigen Verfahrens nach Dänemark ist nicht möglich.
12 UF 139/23
(c) OLG Hamburg, 20.02.2024