Die Stiefkindadoption eines im Ausland von einer Leihmutter geborenen Kindes ist trotz des in Deutschland geltenden Verbots der Leihmutterschaft möglich. Das hat das OLG Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden und so einem deutschen Ehepaar die Durchführung der Stiefkindadoption ermöglicht.
Die Ehefrau beantragt die Adoption des minderjährigen Kinds ihres Ehemanns. Die Eheleute hatten sich an eine ukrainische Kinderwunschklinik gewendet. Dort wurde mithilfe einer Eizellspende bei einer ukrainischen Frau eine Schwangerschaft eingeleitet. Der Ehemann erkannte die Vaterschaft des Anfang 2020 von der Leihmutter in der Ukraine geborenen Kindes an. Es konnte wegen Geburtskomplikationen und infolge der pandemiebedingten Grenzschließungen erst im Sommer 2020 von seinen deutschen Wunscheltern in ihren Haushalt aufgenommen werden.
In dem – u.a. wegen der umständlichen Urkundenbeschaffung – langwierigen Adoptionsverfahren waren die Auswirkungen des in Deutschland geltenden Verbots der Leihmutterschaft zu prüfen.
Das Familiengericht hatte den Adoptionsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Eheleute hatte vor dem OLG Erfolg. Die für eine Adoption notwendige sittliche Rechtfertigung könne auch bei einer Stiefkindadoption vorliegen, begründete der 2. Familiensenat seine Entscheidung. Es komme im Ergebnis maßgeblich darauf an, ob es aus Gründen des Kindeswohles erforderlich sei, dass das Kind auch zu der Stiefmutter ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis begründen könne. Voraussetzung dafür sei wie üblich, dass es im Haushalt beider Wunscheltern ohne Beanstandungen erzogen werde und diese beiden als seine sozialen Eltern kenne. Bei der vorliegenden Leihmutterschaft sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Leihmutter das Kind zu keinem Zeitpunkt bei sich habe aufnehmen wollen und nach der Geburt die nach deutschen Recht erforderliche Einwilligung in die Adoption erklärt habe. Deswegen sei das Kind letztlich auf die Wunscheltern angewiesen. In diesem Fall müsse die Stiefmutter die stärkere Position als rechtliche Mutter des Kindes auch deswegen erhalten, damit die Zuordnung des Kindes etwa bei Trennung vom Vater oder nach dessen Tod wie bei zwei rechtlichen Eltern üblich nach Kindeswohlkriterien erfolgen könne. Bei rechtlichen Eltern komme es darauf an, wer die engere Bindung zum Kind habe. Das könne auch die – soziale – Mutter sein. Da ohne Adoption im Fall einer Trennung der Wunscheltern das Kind regelmäßig beim einzig rechtlichen Elternteil bleiben müsse und auf die bedeutend schwächeren Umgangsrechte zum getrenntlebenden Stiefelternteil angewiesen sei, müsse die soziale Elternschaft der Mutter im Wege der Adoption in eine rechtliche Mutterschaft umgewandelt werden.
Es komme dabei nicht darauf an, ob die Stiefmutter durch Eizellspende mit dem Kind genetisch verwandt sei. Für die Bindung zur Stiefmutter sei aus der Perspektive des Kindes die von ihr seit Jahren eingenommene soziale Mutterstelle ausschlaggebend. Außerdem sei es letztlich nicht erheblich, ob der rechtliche Vater auch genetischer Vater des Kindes sei. Denn ein erheblicher Unterschied zwischen einer „nur“ rechtlichen oder einer außerdem durch ein biologisches Band verfestigten Vaterschaft sei im deutschen Abstammungsrecht kaum angelegt. Deswegen müsse auch nicht aufgeklärt werden, ob der im Ausland rechtlich anerkannten Vaterschaft eine Samenspende des Vaters zugrunde gelegen habe. Die im Verfahren deutlich zutage getretenen tatsächlich und ethisch hoch problematischen Umstände der Leihmutterschaft seien zwar rechtspolitisch bedeutsam, aber für die individuell zu beantwortende Frage nach einer am Kindeswohl orientierten Lösung nicht entscheidend.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.12.2023, Az. 2 UF 33/23