Das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung Prozesskostenhilfe für eine Klage des Sohnes gegen den Mörder seiner Mutter auf Zahlung eines sogenannten Hinterbliebenengeldes in Höhe von 10.000,00 € bewilligt. Der Klage komme in dieser Höhe Erfolgsaussicht zu.
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners. Er nimmt den Beklagten auf Zahlung einer angemessenen Geldentschädigung in Anspruch. Die Mutter des Insolvenzschuldners war von dem Beklagten erschossen worden. Der Beklagte ist der Stiefvater des Insolvenzschuldners. Der Beklagte wurde u.a. wegen Mordes vom Landgericht Gießen 2023 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das OLG hat dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren gewährt, soweit mit ihr ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 10.000,00 € verfolgt werde.
Dem Kläger stehe zwar kein Anspruch auf Geldentschädigung im Hinblick auf das Erleiden eines sogenannten Schockschadens zu, führte der zuständige 3. Zivilsenat aus. Er habe nicht hinreichend dargelegt, dass durch die Handlung des Beklagten bei ihm „eine Rechtsgutsverletzung in Form einer krankheitswertigen Gesundheitsbeeinträchtigung“ eingetreten sei.
Der Insolvenzschuldner und Sohn der Ermordeten habe jedoch Anspruch auf Zahlung eines sogenannten Hinterbliebenengeldes. Demnach könne der „Hinterbliebene, der zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das ihm zugefügte seelischen Leid eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.“ Der Anspruch setze neben der Haftung des Schädigers für die Tötung lediglich ein Näheverhältnis voraus, welches zwischen dem Getöteten und – wie hier – einem Kind vermutet werde. Die gesetzliche Vermutung dieses Näheverhältnisses habe der Beklagte auch nicht widerlegt.
Der Höhe nach sei ein Betrag i. H. v. 10.000 € schlüssig begründet. „Das Hinterbliebenengeld soll einen gewissen Ausgleich für die immateriellen Nachteile, nämlich die seelischen Beeinträchtigungen bieten, die durch den Tod einer geliebten Person eintreten“, führte der Senat weiter aus. Auch dem Gedanken der Genugtuung solle dabei Rechnung getragen werden. Maßgeblich für die Höhe sei die Intensität und Dauer des erlittenen seelischen Leids und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Als Orientierungshilfe sei laut Gesetzesbegründung ein Durchschnittsbetrag von 10.000 € anerkannt. „Bei der Abwägung der einerseits nur oberflächlich und holzschnittartig dargestellten Leidenssituation des Insolvenzschuldners und des Verschuldensgrades des Beklagten andererseits erscheint (…) ein Hinterbliebenengeld i. H. v. 10.000 € angemessen“, begründet der Senat die hier für erfolgversprechend eingeschätzte Höhe des Hinterbliebenengeldes. Der Komponente des seelischen Leides komme aufgrund ihrer Nennung im gesetzlichen Tatbestand dabei mehr Gewicht zu als der Genugtuungsfunktion.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.11.2024, Az.: 3 U 103/24
(vorausgehend Landgericht Gießen, Urteil vom 30.9.2024, Az.: 2 O 241/23)
OLG Frankfurt am Main, 09.12.2024