
Ein Hostprovider – hier Meta – muss nach einem Hinweis auf einen rechtsverletzenden Post auf der Social-Media-Plattform Facebook auch ohne weitere Hinweise sinngleiche Inhalte sperren. Sinngleich sind etwa Beiträge mit identischem Text und Bild, aber abweichender Gestaltung (Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung), bloßer Änderung typografischer Zeichen oder Hinzufügung von Elementen etwa sog. Captions, welche den Aussagegehalt nicht verändern, entschied das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss in Fortführung der Senatsrechtsprechung zum sog. „Künast-Meme“ und unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Digital Services Act.
Der Kläger ist Arzt und bewarb in der Vergangenheit u.a. die sog. „Hirschhausen Diät“.
Der Kläger wies die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach auf sog. Fake-Werbungs-Videos hin, in denen er vermeintlich u.a. für Abnehmmittel werbe.
Gegenstand dieses Eilverfahrens sind zwei weitere solcher Deep-Fake Videos: Nutzer haben zum einen ein Video unter Verwendung eines Ausschnitts aus der Sendung von Markus Lanz hergestellt, in denen der Name, das Bildnis und die Stimme des Klägers verwendet werden und in dem dieser vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme wirbt. Dieses Video entfernte die Beklagte zeitnah nach Abmahnung durch den Kläger. In einem nachfolgend erschienenen, nahezu inhaltsgleichen weiteren Deep-Fake Video warb der Kläger ebenfalls vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme. Dieses Video entfernte die Beklagte ebenfalls – erst – nach entsprechendem Hinweis durch den Kläger. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassen der Verbreitung dieser beiden Videos in Anspruch. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hatte nun teilweise Erfolg. Hinsichtlich des ersten Videos bestehe kein Unterlassungsanspruch, entschied der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat. Die Beklagte sei als Hostproviderin grundsätzlich nicht verpflichtet, von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor ihrer Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Ihre Haftung setze die Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten voraus. Vor der Abmahnung des Klägers betreffend das erste Video sei die Beklagte nicht zur Löschung verpflichtet gewesen. Eine Löschpflicht habe sich insbesondere nicht aus den vorausgegangenen Hinweisen des Klägers auf andere, nicht sinngleiche sog. Fake-Werbungen ergeben. Grundsätzlich lösten derartige Hinweise nur Prüfpflichten hinsichtlich „sinngleicher Inhalte“ aus. Darunter fielen Inhalte, die in Bild und Text identisch, aber bei gleichbleibendem Gesamteindruck etwa abweichend gestaltet seien. Dies könne sich etwa auf die Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung mit Rahmen oder Zufügung sog. Caption beziehen. Die vorausgegangenen Hinweise des Klägers hätten sich hier jedoch auf in Bild und Text abweichende Inhalte bezogen.
Hinsichtlich des zweiten Videos habe die Beklagte dagegen schon aufgrund der Abmahnung des Klägers hinsichtlich des ersten Videos eine Prüfpflicht getroffen. Es habe keiner weiteren Abmahnung bedurft. Das zweite Video unterscheide sich allenfalls marginal vom ersten. Nach dem Eindruck der Senatsmitglieder wirkten die Videos – bei voneinander abweichender Überschrift – nahezu identisch. Es lägen damit sinngleiche Inhalte vor. Da die Beklagte das zweite Video nicht bereits ohne weitere Abmahnung gesperrt habe, habe sie gegen ihre Prüfpflichten verstoßen. Im Ergebnis bestehe daher ein Unterlassungsanspruch.
Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 4.3.2025, Az. 16 W 10/25
(vorgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.11.2024, Az. 2-03 O 393/24)
OLG Frankfurt am Main, 11.03.2025