Nach 13 Verhandlungstagen hat der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Jan van Lessen heute, am 11. Mai 2023, einen 55-jährigen, türkischen Staatsangehörigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, wovon als Ausgleich für eine unangemessene Verfahrensdauer fünf Monate als vollstreckt gelten. Den Haftbefehl gegen den Angeklagten hat der Senat aufrechterhalten.

In den Schlussvorträgen beantragte die Generalstaatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten mit der Maßgabe, dass fünf Monate wegen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die Verteidigung beantragte, den Angeklagten freizusprechen.

Nach den Feststellungen des Senats beteiligte sich der Angeklagte zwischen 2006 und Ende 2018 mitgliedschaftlich an der DHKP-C, einer terroristischen Vereinigung linksradikaler Ausrichtung in der Türkei. Unter anderem sammelte er zwischen Dezember 2007 und Mai 2008 3.000 Euro Spendengelder und stellte sie 13 in der Türkei inhaftierten DHKP-C-Mitgliedern zur Verfügung. Nach der Festnahme des Verantwortlichen der DHKP-C für das Gebiet Dortmund im November 2008 übernahm der Angeklagte dessen Aufgaben und übte die Funktion bis zu seinem Umzug nach Köln Ende Januar 2012 aus. Neben der Pflege von Kontakten zu hochrangigen DHKP-C-Mitgliedern organisierte er als Gebietsverantwortlicher unter anderem die jährlichen Spendenkampagnen der DHKP-C und sammelte 2008/2009 22.000 Euro und 2009/2010 20.000 Euro ein. Außerdem vertrieb er die Propagandazeitschrift Yürüyüş. Nach seinem Umzug nach Köln betätigte er sich weiter für die DHKP-C, unter anderem als Mitorganisator zweier Konzerte der DHKP-C-nahen Musikgruppe Grup Yorum im Juni 2012 in Düsseldorf und im Juni 2013 in Oberhausen und als Teilnehmer an zahlreichen Kundgebungen und Treffen der DHKP-C. Der Angeklagte war zudem häufig in den Räumen verschiedener Tarnvereine der DHKP-C in Dortmund und Köln präsent, für die er teilweise auch verantwortlich war.

Der Angeklagte hat seine mitgliedschaftliche Beteiligung an der DHKP-C bestritten. Eingeräumt hat er lediglich, sich in der Türkei und in Deutschland politisch engagiert und an Kundgebungen teilgenommen zu haben. Der Tatvorwurf wird durch eine Vielzahl von Beweismitteln bestätigt, insbesondere Erkenntnisse aus Telekommunikations- und Fahrzeuginnenraumüberwachungen, Observationen und Lichtbilder.

Der Senat hat bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten unter anderem berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist und seine Nähe zu linksradikalen Gruppierungen sowie die ihm vorgeworfene Teilnahme an Kundgebungen eingeräumt hat. Strafmildernd wirkte sich ferner aus, dass seine kriminelle Energie seit der Durchsuchung seiner Wohnung im Juni 2013 abnahm und sich die weiteren Aktivitäten im Wesentlichen auf die Teilnahme an Protestveranstaltungen beschränkten. Zu Lasten des Angeklagten fiel ins Gewicht, dass er sich auf vielfältige Weise und über mehr als 12 Jahre hinweg an der DHKP-C beteiligt hat.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte sowie die Generalstaatsanwaltschaft können dagegen Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 11. Mai 2023

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