Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle hat mit Beschluss vom 28. Februar 2023 die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen den 60-jährigen Aleem N. aus dem Rhein-Pfalz-Kreis und den 26-jährigen Mahmoud A. S. aus dem Raum Salzgitter zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet (4 St 1/23). Die Angeklagten befinden sich seit dem 13. Juni bzw. dem 5. Oktober 2022 in Untersuchungshaft.
Der Generalbundesanwalt legt den Angeklagten zur Last, sich mitgliedschaftlich in einer ausländischen terroristischen Vereinigung beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Strafgesetzbuchs, StGB). Daneben wird Aleem N. die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 2a i.V. m. § 89a Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB) in zwei Fällen vorgeworfen.
Konkret sollen die Angeklagten seit Jahren Anhänger jihadistischer und radikalislamischer Ideen gewesen sein. Jedenfalls seit dem Jahr 2017 hätten sich beide mit der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ identifiziert.
Spätestens im Herbst 2021 habe sich Mahmoud A. S. von Deutschland aus dem IS als Mitglied angeschlossen. Fortan sei er fest in den Medienapparat der Organisation eingebunden gewesen und habe insbesondere als „Designer“ an der Fertigung von Propagandadokumenten mitgewirkt. Er habe sich zudem mit der Sammlung und dem Transfer von Spendengeldern für die Vereinigung befasst. Daneben habe er sich an der Organisation von Reisen Dritter in das Kerngebiet des IS beteiligt. Ab Frühjahr 2022 habe er sich auch selbst darum bemüht, nach Syrien zu gelangen, um sich dort für den IS zu betätigen.
Aleem N. sei in den Jahren 2020 und 2021 aus der Bundesrepublik ausgereist. Er habe vergeblich das Ziel verfolgt, sich dem IS in Syrien und Pakistan anzuschließen, um an Kampfhandlungen oder terroristischen Anschlägen mitzuwirken. Nach seiner ersten Rückkehr nach Deutschland im Oktober 2020 habe er begonnen, Propagandadokumente des IS ins Deutsche zu übersetzen und zu verbreiten. Ab Januar 2022 habe ihm hierbei Mahmoud A. S. als Ratgeber zur Verfügung gestanden. Dieser habe Aleem N. zu übersetzende Dokumente zugänglich gemacht und Kontakte und technische Unterstützung vermittelt. Im März 2022 habe sich Aleem N. unter maßgeblicher Beteiligung des Mahmoud A. S. von Deutschland aus in die Strukturen des IS eingegliedert. Er sei fortan Mitglied einer IS-internen Telegram-Chatgruppe gewesen, der Mahmoud A. S. bereits angehört habe. Diese Gruppe sei zur Koordination der Verbreitung von IS-Propaganda genutzt worden. In der Folge habe Aleem N. zahlreiche Übersetzungen im Auftrag eines übergeordneten IS-Mitglieds erledigt. Als Aleem N. mit anderen IS-Mitgliedern innerhalb der Gruppe in Streit geraten sei, habe Mahmoud A. S. auf Weisung höherrangiger Kader vermittelt.
Für die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor, für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Die Hauptverhandlung dient der Klärung, ob die erhobenen Vorwürfe zutreffen; für die Angeklagten gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Quelle: OLG Celle, Pressemitteilung vom 9. März 2023