„Die Errichtung des Zentraljustizgebäudes am Wilhelmsplatz war eine hervorragende Entscheidung“, so der Präsident des Oberlandesgerichts Lothar Schmitt im Rahmen des Festakts zum 120jährigen Bestehen des im Jahr 1903 eröffneten Zentraljustizgebäudes am Wilhelmsplatz in Bamberg. Die Wertigkeit der Justiz als dritte Gewalt dürfe sich nicht nur in den Paragraphentexten widerspiegeln, sondern müsse sich auch in einem würdigen und repräsentativen Gebäude erkennen lassen. Er danke daher dem Staatsminister der Justiz Georg Eisenreich ausdrücklich für diese gute Entscheidung seiner Vorgänger. Er freue sich, dass so viele Ehrengäste aus Politik, Justiz, Verwaltung und Kirchen zur Feier des 120jährigen Bestehens des Zentraljustizgebäudes gekommen seien. „Das Zentraljustizgebäude ist ein Schmuckkästchen und ein Füllhorn wunderschöner Bauarchitektur. Es ist aber auch uns allen, die in diesem Gebäude arbeiten, besonders wichtig, der verfolgten und ermordeten Jüdinnen und Juden aus der Justizfamilie, zu der auch die Anwaltschaft gehöre, zu gedenken“, so Präsident Schmitt. Namentlich seien hier Hans Wölfel und Willy Aron genannt. Diese gelebte Erinnerungskultur zeige sich auch in der kürzlich erfolgten Benennung des Hauptausbildungsraums für die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare nach Willy Aron. Das Oberlandesgericht Bamberg freue sich besonders, dass diese Idee von Staatsminister Georg Eisenreich tatkräftig unterstützt wurde und seine Fortsetzung in der Benennung von Gerichtssälen an weiteren Justizstandorten in Bayern finde.
Anschließend ergriff der emeritierte Erzbischof Prof. Dr. Ludwig Schick das Wort und widmete sich den zukünftigen Herausforderungen der Justiz. Der Tag des 120jährigen Jubiläums dürfe keine Nostalgieveranstaltung sein, sondern diene auch der Reflektion und der Ausrichtung auf die Zukunft. Die Digitalisierung in der Justiz dürfe den Menschen nicht aus dem Blick verlieren. Auch bei einer Nutzung der Künstlichen Intelligenz müsse immer die Frage gestellt werden, entscheide am Ende die Künstliche
Intelligenz oder der Mensch. Außerdem sei die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern besonders wichtig. Hierbei müsse die Justiz verständlich erklären, wie und warum eine Entscheidung gefallen sei. Wenn man als Justiz diese und weitere Herausforderungen erkenne und annehme, sei ein Jubiläum keine Nostalgieveranstaltung, sondern eine lohnende Besinnung für und auf die Zukunft.
Als Vertreter der Stadt Bamberg gratulierte der SPD-Fraktionsvorsitzende und frühere Vizepräsident des Landgerichts Heinz Kuntke zum 120jährigen Jubiläum. Die Stadt Bamberg sei stolz auf sein Oberlandesgericht und die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit. Für die Stadt Bamberg sei es zudem ein Gewinn, dass der Justizstandort auf dem Lagard-Campus weiter ausgebaut werde. Hierdurch könne Raum für die expandierende Justiz am Standort Wilhelmsplatz geschaffen werden.
Für das Tafelgericht in Pécs (Ungarn), mit dem das Oberlandesgericht Bamberg seit dem Jahr 2014 partnerschaftlich verbunden ist, gratulierte Präsident Dr. Tamás Turi zum Jubiläum. Unter Berufung auf den „Zauberberg“ von Thomas Mann stellte er die Frage, ob man 120 Jahre eines Gebäudes erzählen könne. Auch wenn dieses für viele nur ein Gebäude darstelle, gäbe es einige, für die das Gebäude die Wirklichkeit selbst sei. Denn sie würden die Räume, die Gänge, die Büros und die Gerichtssäle persönlich kennen. Im Zentraljustizgebäude werden Entscheidungen getroffen, die komplizierte Streitigkeiten beenden oder angemessene Strafen verhängen. Er wisse, dass man die Gegenwart mit ihren Erfolgen und Errungenschaften festhalten könne, wie dies durch die Justiz in Bamberg getan wurde und werde.
In seiner Festrede bekräftigte der Bayerische Staatsminister der Justiz Georg Eisenreich das Motto der Bayerischen Justiz „Justiz ist für die Menschen da“. Auch in den Zeiten der Corona-Pandemie habe die Justiz und der Rechtsstaat stets funktioniert. Das Vertrauen der Menschen müsse aber auch zukünftig gesichert werden. Daher habe die Rechtsprechung ihre Unabhängigkeit zu bewahren und für die Durchsetzung der Regeln zu sorgen. Auch sei es notwendig, die Justiz weiterzuentwickeln. Dies gelte insbesondere auch für die Digitalisierung. Möglichkeiten müssten genutzt, aber auch hinterfragt werden.
Parallel zur Festveranstaltung fand ein Tag der offenen Tür im Zentraljustizgebäude statt, der auf ein sehr großes Interesse der Öffentlichkeit stieß. Neben vielen Bürgerinnen und Bürgern nutzen auch zahlreiche Schulklassen die Möglichkeit, sich über juristische Themen wie „Erben und Vererben“, „Das Betreuungsrecht in der Praxis“, „IT-Sicherheit für Privathaushalte“, Aspekte zum Thema „Mach dein Handy nicht zur Waffe“ und die „Tätigkeit des Ermittlungsrichters“ zu informieren. Auf besonders großes Interesse stieß die Versteigerung von Gegenständen, die in Strafverfahren Bedeutung hatten (sog. Asservate). In allen Versteigerungsterminen waren sämtliche Sitzplätze vollständig besetzt.
Zum Hintergrund:
Das Zentraljustizgebäude am Wilhelmsplatz wurde in der Zeit von 1900 bis 1903 errichtet. In Bamberg sind zahlreiche Justizbehörden beheimatet: das Oberlandesgericht Bamberg, die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg mit der Zentralstelle Cybercrime Bayern, das Landgericht Bamberg, das Amtsgericht Bamberg, die Staatsanwaltschaft Bamberg und die Landesjustizkasse.
©️ OLG Bamberg, 26.05.23