Der 5. Strafsenat (Staatschutzsenat) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) hat heute den 33-jährigen deutschen Staatsangehörigen Franco A. der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit vorsätzlicher unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe, vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Schusswaffen und Munition, vorsätzlichem unerlaubten Verbringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des Waffengesetzes, vorsätzlichem unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und Unterschlagung in Tatmehrheit mit Betrug in zwei Fällen schuldig gesprochen. Der Senat hat ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die Hauptverhandlung hat seit dem 20. Mai 2021 an insgesamt 39 Tagen stattgefunden. Der Senat hat in ihrem Rahmen vier Sachverständige und 34 Zeugen vernommen sowie eine Vielzahl von weiteren Beweisen erhoben, insbesondere Urkunden verlesen und Audio- und Videodateien in Augenschein genommen. Aufgrund dieser Beweisaufnahme hat der Senat die Überzeugung von den folgenden Tatsachen gewonnen:
Zur Person des Angeklagten:
Der in Offenbach am Main geborene und aufgewachsene Angeklagte habe 2008 Abitur gemacht und sei danach als Wehrpflichtiger zur Bundeswehr eingezogen worden. Er habe sich entschieden, Berufssoldat zu werden und die Ausbildung zum Offizier durchlaufen, während der er eine Empfehlung für eine französische Offiziersausbildung erhalten habe. Im Oktober 2009 sei er zur Offiziersausbildung zur Deutschen Stabsgruppe in Fontainebleau /Frankreich gegangen und habe zwei Jahre eine Vorbereitungsklasse in Versailles besucht, um sodann bis 2014 an der Offiziersschule Saint-Cyr in der Bretagne Truppenführung, internationale Beziehungen und Unternehmensführung zu studieren. Nach dem Abschluss mit einem „Master of Science“ und einem Ausbildungsabschnitt im Ausbildungszentrum der Infanterie in Hammelburg sei der Angeklagte am 1. Februar 2016 zur Deutsch-Französischen Brigade des Jägerbataillons 291 in Illkirch-Graffenstaden in Frankreich versetzt worden. Er bekleide seit dem 1. Januar 2014 den Rang eines Oberleutnants. Der Angeklagte spreche fließend Französisch und Englisch und habe Grundkenntnisse in Italienisch und Arabisch.
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Er wurde in diesem Strafverfahren am 26. April 2017 vorläufig festgenommen und befand sich sodann ab dem 27. April 2017 in Untersuchungshaft bis der gegen ihn ergangene Haftbefehl durch Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 29. November 2017 aufgehoben und der Angeklagte am selben Tag aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Wegen des Verdachts hinsichtlich der heute zur Verurteilung gelangten Taten leitete die Bundeswehr ein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen den Angeklagten ein. Das zuständige Truppendienstgericht will nach Abschluss dieses Strafverfahrens entscheiden. Der Angeklagte ist derzeit vorläufig seines Dienstes enthoben und darf seine Uniform nicht tragen. Er begann nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft das Studium der Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, von dem er derzeit beurlaubt ist. Bis zu seiner erneuten Festnahme lebte der Angeklagte mit seiner Verlobten und den drei gemeinsamen Kindern in Offenbach am Main. Aufgrund eines vom Vorsitzenden des Senats am Samstag, dem 12. Februar 2022, in Eilzuständigkeit erlassenen, mit Beschluss des Senats vom 14. Februar 2022 neugefassten Haftbefehls wurde der Angeklagte am 13. Februar 2022 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
Zur Verurteilung wegen Betruges in zwei Fällen:
Der Senat führte aus, dass der Angeklagte eine seit Jahren verfestigte rechtsextreme, völkisch-nationalistische und rassistische Gesinnung habe. Besondere Abneigung habe er gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, denen er – verbunden mit verschwörungstheoretischen Gedanken – den Wunsch nach einer „Weltherrschaft des Zionismus“ unterstelle. Er meine, zur Erreichung dieses Ziels wirkten Medien und staatliche Institutionen zusammen. Dabei sei er der Überzeugung, der „Zionismus“ führe einen systematischen Rassenkrieg, in welchem Millionen von Migranten nach Deutschland verbracht würden, wodurch es zu einer „Vermischung der Rassen“ und letztlich zu einer „Auslöschung der deutschen Rasse“ käme. Verantwortlich für diese von ihm wahrgenommene vermeintliche „Zersetzung der deutschen Nation“ seien dafür insbesondere hochrangige Politiker und Personen des öffentlichen Lebens, die sich durch ihr flüchtlingsfreundliches Engagement besonders auszeichneten. Der Angeklagte lehne etablierte demokratische Wege zur Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ab und sei der Auffassung, das politische System der Bundesrepublik Deutschland sei „verlogen“.
Der Angeklagte habe zudem befürchtet, dass es zu einer größeren Katastrophe, wie beispielsweise einem Krieg mit Russland oder China kommen könne. Er sei Mitglied der Telegram-Chatgruppe „Süd“, die sich darüber austausche, wie man sich auf ein solches Katastrophenszenario am besten vorbereiten könne. Bei dieser Chatgruppe handele es sich um einen Zusammenschluss von hauptsächlich in Süddeutschland lebenden Personen, die der sogenannten deutschen „Prepper-Szene“ angehörten.
In seinem Keller in Offenbach am Main habe der Angeklagte Essensvorräte, Benzin und Wasser sowie Hiebwaffen – etwa eine Machete – aufbewahrt. Darüber hinaus habe er dort 1.090 Schuss Munition, 51 Sprengkörper, eine Anzündschnur, ein Oberteil einer Übungshandgranate mit eingebautem Knallsatz, drei Patronengurte für Maschinengewehre, einen Gurtkasten für ein Maschinengewehr und ein Magazin für ein Gewehr G36 aufbewahrt. Entsprechende Erlaubnisse nach dem Waffengesetz, dem Sprengstoffgesetz oder eine Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz hätte der Angeklagte nicht. Teile dieser Munition und Sprengkörper – 258 Patronen und 685 Knallkartuschen, Signal- und Schallmesspatronen, sowie 46 Sprengkörper und das Oberteil einer Übungshandgranate mit eingebautem Knallsatz – stammten aus Beständen der Bundeswehr in Hammelburg oder Illkirch-Graffenstaden. Der Angeklagte habe diese Gegenstände zur eigenen Verwendung besessen und sich damit in mindestens einem Fall im Zeitraum von Januar 2015 bis Mitte April 2017 rechtswidrig zugeeignet.
Der Angeklagte habe Ende des Jahres 2015 entschieden, dass er versuchen wollte, sich als syrischer Flüchtling registrieren zu lassen. Er habe damit zeigen wollen, wie leicht es sei, unter einer falschen Identität als vermeintlicher Flüchtling zu leben und staatliche Transferleistungen zu beziehen. Am 29. Dezember 2015 habe er alte Kleidung angezogen, sein Gesicht dunkel geschminkt, seinen Bart gefärbt und sich zu einer in Offenbach gelegenen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge begeben, um dort als syrischer Flüchtling Asyl zu beantragen. Ein Mitarbeiter des dortigen Sicherheitsdienstes, der vor dem Eingang der Erstaufnahmeeinrichtung gestanden habe, habe ihn an ein vorbeifahrendes Polizeifahrzeug verwiesen, das ihn zu einem Polizeirevier gebracht habe, wo er seinen Antrag stellen konnte. Er habe in diesem Antrag angegeben, „Benjamin David“ zu heißen, am 8. Februar 1988 in Damaskus in Syrien geboren und von dort nach Deutschland geflohen zu sein. Dem Angeklagten sei gesagt worden, er solle sich innerhalb der nächsten zwei Tage bei der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen melden. Das habe er am 30. Dezember 2015 getan und einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt. Dabei habe er angegeben, ein christlicher Syrer namens „Benjamin David“ zu sein. Er sei aus Syrien geflohen und am 27. Dezember 2015 über Österreich mit dem Auto nach Deutschland eingereist. Seinen Pass habe er verloren. Er spreche nur Französisch. Er sei mittellos und verfüge weder über Einkommen noch über Vermögen. Der Angeklagte sei daraufhin als Asylbewerber registriert worden, wodurch unmittelbar die Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz an ihn bewirkt worden sei. Er sei der Asylbewerberunterkunft in Kirchberg im Landkreis Erding zugewiesen worden und habe die Identität als angeblicher syrischer Flüchtling bis zu seiner Festnahme am 26. April 2017 aufrechterhalten. Zu diesem Zweck habe er sich sporadisch – und nur soweit es zur Aufrechterhaltung der falschen Identität unbedingt erforderlich war – in Erding aufgehalten.
Am 12. Mai 2016 habe der Angeklagte beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – Außenstelle Zirndorf – einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt, zu dem er am 7. November 2016 vom BAMF angehört worden sei. Bei dieser Anhörung habe der Angeklagte u. a. wahrheitswidrig angegeben, sein Name sei „David Benjamin“. Er sei Syrer und Christ, seine Familie sei „seit dem Jahr 1920“ französischer Abstammung. Er habe einen Bruder, zu dem er jedoch keinen Kontakt habe. Er könne keinen Personalausweis vorlegen, da er nach einem „Angriff des IS“ unmittelbar geflohen sei. Am 16. Dezember 2016 habe das BAMF entschieden, dem angeblichen „David Benjamin“ unter Ablehnung des Asylantrags im Übrigen den subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Der Angeklagte habe seine Erlebnisse als Asylsuchender regelmäßig in Videos dokumentiert, in denen er teils auf Deutsch, teils auf Französisch geschildert habe, wo er sich gerade aufhalte, wie das Verfahren anlaufe und welche Erfahrungen er mache. Auch die Anhörung vom 7. November 2016 habe er mit seinem Mobiltelefon aufgenommen.
Aufgrund der am 30. Dezember 2015 erfolgten Registrierung als Asylbewerber habe der Angeklagte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Wert von insgesamt 6.920,49 € erhalten. Am 14. Februar 2017 habe der Angeklagte beim Jobcenter in Erding Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beantragt, die ihm am 1. März 2017 in Höhe von 409,- € monatlich bewilligt worden seien.
Der Angeklagte habe auf sämtliche ihm gewährte Leistungen keinen Anspruch gehabt, was er gewusst habe. Er habe sie dennoch erhalten wollen, um seine Identität als syrischer Flüchtling aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus sei es ihm darauf angekommen, durch die Entgegennahme dieser staatlichen Zuwendungen zu belegen, dass der Staat ihm nicht nur eine unberechtigte Registrierung als Asylbewerber ermöglichte, sondern ihm auch Leistungen ausbezahlte, ihm eine Unterkunft zur Verfügung stellte und ihn versorgte, obwohl er kein syrischer Flüchtling sei und damit auch keine entsprechenden Ansprüche habe. Nach seiner Festnahme am 26. April 2017 habe der Angeklagte die auf diese Weise erlangten Gelder zurückgezahlt.
Zur Verurteilung wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, den Waffen- und Sprengstoffdelikten und der Unterschlagung:
Der Angeklagte habe sich ab dem 5. April 2016 unerlaubt in den Besitz eines Gewehrs der Marke Heckler & Koch G 3, einer Pistole des Herstellers FN Browning 7,65 mm und eines halbautomatischen Selbstladegewehrs des Herstellers Landmann Preetz gebracht, ohne entsprechende waffenrechtliche Erlaubnisse zu haben. Überdies habe er spätestens am 22. Januar 2017 eine Pistole des Herstellers Manufacture d´ Armes des Pyrénées Francaises (M.A.P.F.), Modell Rr, Kaliber 7,65 mm Browning, Selbstlader Halbautomat erlangt. Diese Waffe habe er am 22. Januar 2017 zum Flughafen in Wien-Schwechat gebracht und in einem Putzschacht einer Toilettenanlage versteckt. Am 3. Februar 2017 sei der Angeklagte mit dem Flugzeug von München nach Wien gereist, um die Waffe wieder an sich zu nehmen. Als er diese dem Putzschacht entnehmen wollte, sei er festgenommen, da die Waffe zwischenzeitlich entdeckt worden sei und die österreichischen Polizeibehörden das Versteck alarmgesichert habe.
Während der Angeklagte die Schusswaffen, Sprengkörper, Kartuschen und Munition verwahrt habe, habe er den festen Entschluss gefasst, mittels dieser und aus seiner völkisch-nationalistischen, insbesondere antisemitischen und von Fremdenhass geprägten Gesinnung heraus einen Angriff auf das Leben hochrangiger Politiker und Personen des öffentlichen Lebens zu verüben, die sich besonders durch ihr flüchtlingsfreundliches Engagement auszeichneten, um einen politischen oder gesellschaftlichen Richtungswechsel in seinem Sinne herbeizuführen und so nach seiner Vorstellung zum „Erhalt der deutschen Nation“ beizutragen. Als mögliche Anschlagsopfer habe er die damalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth, den damaligen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas sowie die Journalistin und Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane in Betracht gezogen. Letztere sei für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sehr bekannt und damit eine Person des öffentlichen Lebens. Diese potentiellen Anschlagsopfer habe der Angeklagte nur ausgewählt, weil sie das politische System der Bundesrepublik Deutschland als Amtsträger bzw. als Person des öffentlichen Lebens repräsentierten und für die von ihm verhasste Flüchtlingspolitik und die von ihm befürchtete „Umvolkung“ stünden. Eine persönliche Beziehung zu ihnen habe er nicht gehabt. Nachdem er am 3. Februar 2017 am Wiener Flughafen festgenommen worden sei, habe der Angeklagte die weitere Anschlagsplanung wegen der dadurch erhöhten Entdeckungs- und Verfolgungsgefahr zunächst ruhen gelassen.
Der Senat habe nicht feststellen können, dass der Angeklagte den Anschlag unter seiner Scheinidentität als „Benjamin David/David Benjamin“ begehen wollte.
Zur Beweiswürdigung:
Der Angeklagte habe die äußeren Umstände seiner Taten im Wesentlichen eingeräumt, aber bestritten, rechtsextrem eingestellt gewesen zu sein. Er habe behauptet, nicht geplant zu haben, einen Anschlag auf einen Politiker oder eine Person des öffentlichen Lebens zu verüben. Diese Einlassung sei zur Überzeugung des Senats durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt.
So beruhe die Überzeugung des Senats von der völkisch-nationalistischen, rassistischen und demokratiefeindlichen Einstellung des Angeklagten auf seinen Notizen und von ihm aufgenommenen Audiodateien, dem Umstand, dass er Nazi-Devotionalien besessen habe, auf den Bekundungen von Zeugen und aus seiner Einlassung in der Hauptverhandlung. Überdies habe er diese Gesinnung in einer von ihm im Jahr 2013 verfassten Masterarbeit mit dem Titel „Politischer Wandel und Subversionsstrategie“, die nicht als Prüfungsleistung anerkannt worden sei, zum Ausdruck gebracht.
Davon, dass der Angeklagte in dem Sinne zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat entschlossen gewesen sei, dass das „Ob“ der Tat festgestanden habe, sei der Senat aufgrund einer zusammenfassenden Würdigung der in der Beweisaufnahme hervorgetretenen objektiven Umstände überzeugt. Diese hätten zu dem Schluss geführt, dass der Angeklagte fest zur Begehung einer solchen Tat entschlossen gewesen sei. Insoweit seien insbesondere weitere Aufzeichnungen des Angeklagten und von ihm erstellte Audiodateien maßgeblich gewesen. Hinzu sei gekommen, dass der Angeklagte im Sommer 2016 das Gewehr der Marke Heckler & Koch G 3 mit einem Zielfernrohr versehen, die Tiefgarage des Gebäudes, in dem die Räumlichkeiten der Amadeu-Antonio-Stiftung liegen, ausgespäht, Fotos von den Autos in dieser Tiefgarage gemacht, mit dem Gewehr G 3 sowie mit der Pistole FN Browning Schießübungen auf einem Schießstand gemacht und ein Bild von Anetta Kahane an einen Zeugen übersandt habe.
Zur Strafzumessung:
Bei der Bemessung der Strafe hat der Senat u. a. zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass er nicht vorbestraft ist und sich hinsichtlich der Betrugstaten und der Waffen- und Sprengstoffdelikte geständig eingelassen und weitere für ihn ungünstige Umstände eingeräumt hat. Für ihn habe auch gesprochen, dass er auf die Rückgabe der sichergestellten Waffen, Waffenteile, Munition, Sprengkörper und Kartuschen verzichtet habe. Strafmildernd sei ferner zu berücksichtigen gewesen, dass er aufgrund der Verurteilung seine Stellung als Berufssoldat verlieren werde. Zugunsten des Angeklagten sei darüber hinaus zu werten gewesen, dass er mehrfach Adressat von Handlungen gewesen sei, die ihn unter grober Missachtung der Unschuldsvermutung schmähten, wobei unter anderem seine Wohnanschrift und das Kennzeichen seines Motorrads öffentlich gemacht worden seien. Zu Lasten des Angeklagten hat der Senat gewertet, dass er zugleich mit der Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat eine Vielzahl von weiteren Straftatbeständen – und diese teilweise in vielen Einzelfällen – verwirklichte.
Zur Kompensation der langen Dauer des Verfahrens:
Weil es wegen der Belastung des Senats mit Haftsachen nicht möglich gewesen war, mit der Hauptverhandlung zeitnah nach der Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Senat durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. August 2019 zu beginnen, hat der Senat eine rechtsstaatswidrige Verzögerung des Verfahrens festgestellt, die den Angeklagten in seinem Recht aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzt. Der Senat hat zu deren Kompensation ausgesprochen, dass drei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten.
Zur Untersuchungshaft:
Der Senat hat die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeklagten angeordnet.
Zum möglichen Rechtsmittel:
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte, seine Verteidiger und der Generalbundesanwalt können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.07.2022, Az. 5-2 StE 18/17 – 5a – 1/17
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Pressemitteilung vom 15. Juli 2022