Der 3. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage befasst, ob Berliner Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die sich im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit verletzen, gesetzlich unfallversichert sind.
Der seinerzeit 28-jährige Kläger stand von Mai 2017 bis Mai 2019 im juristischen Vorbereitungsdienst (Rechtsreferendariat) des Landes Berlin. Im Dezember 2017 befand er sich auf dem Rückweg von einem Verwaltungsrechtslehrgang. Durch ein plötzliches Rucken der von ihm genutzten U-Bahn kam er ins Straucheln und verrenkte sich den kleinen Finger seiner rechten Hand. Während der Behandlung stellten sich Komplikationen ein, so dass der Finger versteift werden musste. Seitdem leidet er dauerhaft an einer eingeschränkten Beweglichkeit seines Fingers.
Die Unfallkasse Berlin lehnte es ab, ihre Versicherungspflicht für dieses Ereignis anzuerkennen. Rechtsreferendare unterfielen wie Berliner Landesbeamte der staatlichen Unfallfürsorge und seien deswegen nicht gesetzlich unfallversichert. Das Sozialgericht Berlin sah dies anders und verpflichtete die Unfallkasse, für die Folgen des Sturzes in der U-Bahn einzustehen.
Die hiergegen eingelegte Berufung der Unfallkasse blieb ohne Erfolg. Der 3. Senat des Landessozialgerichts hat mit seinem Urteil vom 04. Dezember 2024 die Entscheidung des Sozialgerichts nunmehr bestätigt. Ob beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften auch auf Rechtsreferendare Anwendung finden, hänge von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Landesrechts ab. Das Berliner Juristenausbildungsgesetz (JAG) sehe für die Rechtsreferendare ausdrücklich ein Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses vor. Vorschriften für Beamte seien auf Rechtsreferendare nur dann anwendbar, wenn es hierzu keine anderslautende Bestimmung gebe. Solche abweichenden Regelungen des Berliner Landesrechts bestünden für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie für die Besoldung und Versorgung. Die Gesetzesauslegung ergebe, dass unter „Versorgung“ insbesondere auch die Unfallfürsorge falle. Dies habe zur Folge, dass sich die Unfallfürsorge der Berliner Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare nicht nach den beamtenrechtlichen Vorschriften richte, sondern vielmehr Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die unterlegene Unfallkasse kann beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.
Zum rechtlichen Hintergrund:
Nach § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 JAG wird, wer die erste juristische Prüfung bestanden hat, auf Antrag durch Bescheid in den Vorbereitungsdienst aufgenommen. Die Ausbildung erfolgt in einem „öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses.“ In Abs. 3 der Vorschrift heißt es: „Im Übrigen finden die für Beamtinnen und Beamte auf Widerruf geltenden Vorschriften Anwendung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Die Vorschriften des […] § 75 Absatz 1 und § 76 des Landesbeamtengesetzes finden keine Anwendung.“
Urteil vom 04. Dezember 2024, Az. L 3 U 4/23
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 09.12.2024