Die 1. Große Strafkammer als Schwurgericht des Landgerichts München I unter Vorsitz von Elisabeth Ehrl hat am 15.04.2025 nach achttägiger Hauptverhandlung bei dem Beschuldigten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. 

Nach den Feststellungen des Schwurgerichts bestand beim Beschuldigten bereits seit vielen Jahren eine psychiatrische Erkrankung, die 2016 erstmals als paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurde. Im Verlauf seiner Erkrankung entwickelte der Beschuldigte inhaltliche Denkstörungen und Wahnvorstellungen. Er verwob dabei antisemitische und antiislamische Verschwörungsmythen mit rechtsextremem und nationalsozialistischem Gedankengut. Aus dem Wahn heraus, Deutschland zu retten und von Muslimen zu befreien, habe der Beschuldigte am Vortag der Tat ein Jagdmesser erworben, welches er dazu einsetzen wollte, Personen, die er ihrem Aussehen nach für Muslime hielt, tagsüber auf offener Straße in München mit einem Messer lebensbedrohlich anzugreifen.  Am 23.07.2024 habe der Beschuldigte im Pasinger Ortszentrum sodann einen südländisch aussehenden Passanten von hinten überfallartig mit einem Jagdmesser angegriffen und nochmals auf diesen eingestochen, als dieser sich zu seinem Angreifer umdrehte. In der Folge habe sich der Beschuldigte einem zweiten Passanten zugewandt, der gerade in ein Fahrzeug einsteigen wollte und durch Rufe einer anderen Person gewarnt werden konnte. Dieser erlitt durch den Angriff des Beschuldigten verschiedene Stichverletzungen am Arm, den er zum Schutz vor seinen Kopf und Hals gehalten hatte. 

Das Schwurgericht hat sich seine Überzeugung zum Tatgeschehen im Wesentlichen aus den Schilderungen der beiden Geschädigten gebildet. Die Kammer ist – sachverständig beraten – von einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit ausgegangen.  Der Beschuldigte erkannte bei der Begehung der Taten zwar, dass er mit seinen Messerangriffen auf die beiden Geschädigten gegen die staatliche Rechtsordnung verstößt, jedoch war seine Fähigkeit, sein Handeln normgerecht zu kontrollieren und die Ausführung normwidriger Motivation zu hemmen, krankheitsbedingt aufgehoben.

Rechtlich wertete das Schwurgericht die Tat als zwei Fälle der gefährlichen Körperverletzung. Vom Tatbestand des versuchten Mordes sei der Beschuldigte strafbefreiend zurückgetreten. Zwar sei der Angriff mit bedingtem Tötungsvorsatz und heimtückisch erfolgt. Der Beschuldigte habe jedoch erkannt, dass ein Geschädigter durch seine Messerstiche nur am Arm und damit nicht tödlich verletzt worden sei, während er bei dem zweiten Geschädigten zwar zunächst davon ausgegangen sei, dass er diesen durch die beiden Stiche in den oberen Schulter- und Brustbereich bereits tödlich verletzt haben könnte. Unmittelbar darauf habe er diese Einschätzung aufgrund des Verhaltens dieses Geschädigten, der keine Anzeichen einer Verschlechterung seines körperlichen Zustands aufwies, dann insoweit korrigiert und ging sodann davon aus, diesen bei seinem vorangegangenen Angriff doch nicht bereits tödlich verletzt zu haben. Er habe letztlich von weiteren, ihm möglichen Angriffen gegen beide Geschädigten abgesehen, obwohl er hierzu die Gelegenheit gehabt hätte. Der Beschuldigte habe nach der Tat auf das Eintreffen der Polizei gewartet und sich widerstandslos festnehmen lassen.

Aufgrund seiner Erkrankung sei der Beschuldigte zur Tatzeit schuldunfähig gewesen und könne daher nicht bestraft werden. Da er aber weiterhin für die Allgemeinheit gefährlich sei, hat das Schwurgericht die – grundsätzlich zeitlich unbefristete – Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. 

In ihrer mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende hervorgehoben, dass die Geschädigten bis heute von dem Geschehen psychisch beeinträchtigt seien, obwohl ihre körperlichen Verletzungen glücklicherweise weitgehend folgenlos verheilt seien. Ein Geschädigter musste lediglich ambulant am Arm behandelt werden, der weitere Geschädigte verblieb eine Woche stationär in einer Münchner Klinik. 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigung und Staatsanwaltschaft steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

Die Strafkammer hat die Fortdauer der einstweiligen Unterbringung angeordnet.

LG München I, 15.04.2025

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