Die Regeleinführung der E-Akte an den Landgerichten in Zivilsachen erster Instanz und Oberlandesgerichten in Zivilsachen wird Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Bereits 17 der 22 bayerischen Landgerichte und zwei der drei Oberlandesgerichte setzen die E-Akte im Regelbetrieb ein. Nach den Landgerichten Ingolstadt, Weiden i.d.OPf., Hof, Amberg, Würzburg, Memmingen, Ansbach, Nürnberg-Fürth, Passau, Kempten (Allgäu), Bamberg, Schweinfurt, Traunstein sowie dem Oberlandesgericht Nürnberg wird nun am Landgericht München I die E-Akte regulär eingeführt. Ab heute (18. Juli) setzt das Gericht bei neuen Zivilverfahren erster Instanz nur noch elektronische Akten ein. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Die Welt wird immer digitaler. Die Justiz treibt die Digitaloffensive weiter voran. Mit dem Landgericht München I führt nun das größte bayerische Landgericht die E-Akte ein. Im Laufe des Jahres 2022 soll die E-Akte auch noch bei den Landgerichten Augsburg, Bayreuth, Deggendorf, München II und Aschaffenburg eingeführt werden. Bis zum Ende des Jahres werden alle bayerischen Landgerichte in erstinstanzlichen Zivilsachen mit elektronischen Akten arbeiten. Das verkürzt Verfahren, erspart Wartezeiten und schützt in Zeiten der Pandemie die Gesundheit der Prozessbeteiligten.“
Bis heute wurden ca. 88.000 Verfahren rein elektronisch geführt. Minister Eisenreich: „Wir müssen bis Ende 2025 127 Standorte mit etwa 15.000 Arbeitsplätzen mit der elektronischen Akte ausstatten. Wir wollen und werden das früher schaffen.“
Bei den Amtsgerichten wurde die elektronische Aktenführung in Zivil- und Familiensachen zunächst bei den Amtsgerichten Straubing, Dachau und Regensburg pilotiert. Aufgrund der guten Erfahrungen im Rahmen der Pilotierung hat zwischenzeitlich auch die Regeleinführung bei den Amtsgerichten in diesen Bereichen begonnen. Im Zuge dessen erfolgt sukzessive auch die Umstellung der Landgerichte auf eine elektronische Aktenführung in zweitinstanzlichen Zivilsachen, so dass durchgängig elektronisch gearbeitet werden kann.
Zudem wird die elektronische Akte derzeit an fünf Amtsgerichten in besonderen Rechtsgebieten erprobt: Beim Amtsgericht Kelheim in Grundbuchsachen, beim Amtsgericht Erlangen in Betreuungs- und Grundbuchsachen, beim Amtsgericht Regensburg in Immobiliarvollstreckungssachen, beim Amtsgericht Ingolstadt in Insolvenzsachen und beim Amtsgericht Fürth in Nachlasssachen. Im Laufe dieses Jahres soll die elektronische Akte auch in weiteren Fachgebieten pilotiert werden.
Der elektronische Rechtsverkehr ist bereits bei allen Gerichten im Freistaat eingeführt.
Der Freistaat Bayern setzt neben der E-Akte auch auf Videotechnik. Minister Eisenreich: „Tausende Zivilprozesse werden an Bayerns Gerichten inzwischen digital als Videokonferenz geführt. Unser Ziel war es, die Gerichte flächendeckend mit mobilen Videokonferenzanlagen auszustatten. Im Juli 2021 haben wir unser Ziel erreicht: Seit Juli 2021 haben alle 99 bayerischen Gerichte Zugang zu einer Anlage. Insgesamt wurden hierfür 126 Videokonferenzanlagen beschafft. Zum Ausbau der Videoverhandlungen setzt die Justiz neben der Ausstattung der Gerichte mit Videokonferenzanlagen auch auf ein Video-Konferenz-Tool. Nach einer erfolgreichen Pilotphase wurde der Einsatz bayernweit freigegeben. Das bayerische Justizministerium geht davon aus, dass im Jahr 2021 rund 10.000 Videoverhandlungen durchgeführt wurden. Ob sich ein Verfahren für eine Videoverhandlung anbietet, entscheidet der jeweilige Richter/die jeweilige Richterin.“
Auf dem Weg zu einem modernen Zivilprozess sieht der bayerische Justizminister aber noch erheblichen rechtspolitischen Handlungsbedarf. Vorschläge zur Modernisierung des Zivilprozesses liegen vor. Er fordert das Bundesjustizministerium zu schnellerem Handeln auf. Eisenreich: „Die Zivilprozessordnung ist für die Papierakte gemacht, nicht für die elektronische Akte. Eine Modernisierung des Zivilprozesses ist daher notwendig. Der Bund muss jetzt tätig werden. Wir brauchen eine breit geführte Diskussion, die alle Akteure einbezieht: Gerichte, Rechtsanwälte, Wissenschaftler, Wirtschaft, Verbraucherverbände.“ Und auch grenzüberschreitend will Bayern das Verhandeln erleichtern. Auf bayerische Initiative hat die Justizministerkonferenz im Frühjahr 2021 das Bundesjustizministerium aufgefordert, sich für eine umfassende Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene einzusetzen. Eisenreich: „Der Reformprozess ist dringend notwendig. Die Justiz will die Chancen der Digitalisierung nutzen. Jetzt sind Berlin und Brüssel gefordert.“
Eisenreich bedankte sich abschließend bei Dr. Beatrix Schobel, der Präsidentin des Landgerichts München I: „Für Ihr großes Engagement bei der Digitalisierung der Justiz am Landgericht München I darf ich mich bei Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich bedanken.“
Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 18. Juli 2022