Mit Beschluss vom 31. August 2023 hat das Landgericht Hamburg auf Antrag des SPIEGEL-Verlags eine einstweilige Verfügung gegen die Anwälte Schertz Bergmann wegen deren Pressemitteilung vom 17. Juli 2023 erlassen, mit der über die für Till Lindemann erwirkte einstweilige Verfügung gegen den SPIEGEL vom 14. Juli 2023 berichtet worden war. Mit der am Freitag bekanntgegebenen Entscheidung des Landgerichts hat die zuständige Kammer einer Beschwerde des SPIEGELS gegen eine Entscheidung des Gerichts vom 14. August 2023 abgeholfen, mit welcher der Antrag des SPIEGELS auf Erlass einstweiligen Verfügung zunächst zurückgewiesen worden war. Gegenstand der nunmehr antragsgemäß erlassenen Unterlassungsverfügung ist eine Passage der Pressemitteilung vom 17. Juli, der zu folge dem SPIEGEL durch die einstweilige Verfügung vom 14. Juli 2023 „zwei falsche Tatsachenbehauptungen untersagt“ worden seien. Die in der Abhilfeentscheidung des Gerichts geänderte Bewertung beruht auf tatsächlichen Umständen, die der Kammer erst mit der Beschwerdegründung bekannt geworden sind.
In rechtlicher Hinsicht geht die Kammer nach wie vor davon aus, dass es sich bei dem angegriffenen Satz um eine mehrdeutige Äußerung handelt, die vom Leser sowohl als rein beschreibende Wiedergabe des Inhalts der gerichtlichen Entscheidung vom 14. Juli (im Sinne von „das Gericht hat zwei Äußerungen als zwei falsche Tatsachenbehauptungen untersagt“ – insofern tatsächlich falsch, da die Äußerungen als unzulässige Verdachtsberichterstattung untersagt worden waren) als auch als Bewertung der untersagten Äußerungen (im Sinne von „unserer Ansicht nach wurden zwei falsche Tatsachenbehauptungen untersagt“) verstanden werden konnten. Bei einer solchen Mehrdeutigkeit reiche zur Beseitigung einer Wiederholungsgefahr normalerweise eine „ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung“ des sich mehrdeutig Äußernden, die mehrdeutige Äußerung nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen. Davon war die Kammer hier zunächst aufgrund eines vorgerichtlichen Schreibens von Schertz Bergmann an den SPIEGEL ausgegangen. Entgegen der dortigen Ankündigung sei die Pressemitteilung vom 17. Juli dann allerdings zunächst unverändert online verbreitet worden bzw. es sei nicht versucht worden, die weitere Verbreitung zu unterbinden, wie der SPIEGEL mit seiner Beschwerde geltend gemacht habe. Danach könne „von der für das Entfallen der Wiederholungsgefahr erforderlichen ernsthaften und inhaltlich ausreichenden Erklärung nicht mehr ausgegangen werden, denn eine solche hätte auch eine Veränderung der von der Antragsgegnerin verbreiteten Pressemitteilung erfordert“, so die Kammer in ihrer Entscheidung vom 31. August. Daran ändere sich auch dadurch nichts, dass die Pressemitteilung inzwischen gelöscht und erneut ausdrücklich klargestellt worden sei, dass die fragliche Äußerung künftig nicht mehr verbreiten werde, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine rechtliche Bewertung der vom Landgericht Hamburg verbotenen Passagen handele, das Landgericht Hamburg die Passagen jedoch als unzulässige Verdachtsberichterstattung untersagt habe. Diese Klarstellung sei verspätet und könne eine Wiederholungsgefahr nicht mehr beseitigen.