Anlässlich des heutigen Urteils des Landgerichts Frankfurt gegen den suspendierten Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft erklärte der hessische Justizminister Roman Poseck:
„Der Fall ist und bleibt ein Tiefschlag für die hessische Justiz. Die Justiz ist auf Vertrauen angewiesen, und dieses erhält sie nur, wenn korruptionsfrei gearbeitet wird. Ich habe mich bereits unmittelbar nach meinem Amtsantritt im vergangenen Jahr auch persönlich für den Vertrauensverlust, der durch die Taten entstanden ist, entschuldigt. Diese Entschuldigung wiederhole ich anlässlich des heutigen Urteilsspruchs ausdrücklich. Wir müssen alles dafür tun, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Unser Blick muss jetzt auch nach vorne gerichtet sein. Wir werden alles unternehmen, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholen kann. Hierzu wurden bereits umfangreiche Maßnahmen ergriffen:
- Die von Alexander B. geleitete Zentralstelle für Medizinwirtschaftsstrafrecht bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wurde abgewickelt. Zum Jahresbeginn 2021 nahm eine neue Zentrale Staatsanwaltschaft für Medizinwirtschaftsstrafrecht bei der Staatsanwaltschaft Fulda ihre Arbeit auf.
- Die Innenrevision im Hessischen Ministerium der Justiz wurde neuorganisiert. Mit der am 1. Februar 2021 gegründeten Stabsstelle Innenrevision und einem am 1. Dezember 2022 gegründeten Fachreferat hält das Ministerium eigenständige Organisationseinheiten zu Feststellung und zur Begegnung etwaiger Risiken und der Einhaltung von Kontrollstandards bei den Staatsanwaltschaften, Gerichten und der IT-Stelle der hessischen Justiz, aber auch dem Hessischen Ministerium der Justiz selbst, vor. Das Hessische Ministerium der Justiz hat mit dem am 2. November 2021 neu in Kraft getretenen Innenrevisionserlass einen Paradigmenwechsel dahingehend durchgeführt, dass die Innenrevisionen der genannten Behörden risikoorientiert stattfinden. Dabei folgt die Art und Weise der Prüfung dem individuellen Risiko der einzelnen Arbeitsbereiche, welches anhand verschiedener Kriterien, unter anderem der Korruptionsgefahr, beurteilt wird.
- Bei allen Staatsanwaltschaften einschließlich der Generalstaatsanwaltschaft wurde ein obligatorisches und konsequentes Vier-Augen-Prinzip eingerichtet. Zudem wurde der Workflow bei der Bearbeitung von Sachverständigenrechnungen bei den Staatsanwaltschaften vollumfänglich neu organisiert.
- Die Zahlungen an die inkriminierten Unternehmen wurden eingestellt. Bestehende Aufträge wurden storniert. Die Gerichte und Staatsanwaltschaften und die Justizverwaltungen der anderen Länder wurden über die Vorgänge in Kenntnis gesetzt.
- In sämtlichen Justizbehörden wurden für Korruptionsprävention zuständige Stellen eingerichtet, die unter anderem die Behördenstruktur prüfen und dabei korruptionsgefährdete Bereiche identifizieren. Die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in bestimmten zeitlichen Abständen im Hinblick auf Korruptionsgefahren sensibilisiert.
Das Land Hessen macht gegenüber Oberstaatsanwalt B. Regressansprüche geltend. Die Regressansprüche werden auf Grundlage des § 48 Beamtenstatusgesetz erhoben, da es sich bei Oberstaatsanwalt B. um einen Landesbeamten handelt.
Der Fall bietet keinen Anlass, die hessische Justiz unter einen Generalverdacht zu stellen. Die Bediensteten in den hessischen Staatsanwaltschaften und Gerichteten erfüllen ihre wichtigen Aufgaben mit Integrität, Engagement und Kompetenz. Sie sind selbst über diesen Fall erschüttert.
Abschließend möchte ich der Staatsanwaltschaft Frankfurt für ihre konsequente und engagierte Ermittlungsarbeit danken. Die heutige Entscheidung des Landgerichts Frankfurt ist auch eine Bestätigung für die Arbeit der Ermittlerinnen und Ermittler.“
Quelle: Justizministerium Hessen, Pressemitteilung vom 12. Mai 2023