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Das Landgericht Kempten hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (u.a.) zu einer Jugendstrafe von 6 Jahren und 10 Monaten verurteilt.
Nach sieben Verhandlungstagen erging heute in dem nichtöffentlichen Verfahren (§ 48 JGG) im Fall des getöteten Obdachlosen in Immenstadt das Urteil durch die 2. Jugendkammer des Landgerichts Kempten.
Das Landgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:
Der zur Tatzeit 17 Jahre alte Angeklagte traf am 07.05.2024 bei einer Bankfiliale auf den geschädigten Obdachlosen. Eine zunächst verbale Auseinandersetzung ging in eine körperliche Auseinandersetzung über.
Nachdem der Geschädigte sich mit seinem Gehstock wehren wollte, schlug der Angeklagte dem Geschädigten mehrfach mit der Faust in das Gesicht. Hierdurch stürzte der Geschädigte und stieß mit seinem Kopf gegen die Türe der Bankfiliale. Aufgrund des Gutachtens eines Sachverständigen gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass der Geschädigte durch die Gewalteinwirkungen auf den Kopf eine schwere Hirnverletzung erlitt, die dann auch später zum Tode führte.
Der Angeklagte stellte seinen körperlichen Angriff auf den Geschädigten ein, als bei dem Geschädigten äußerlich noch keine erheblichen Verletzungen wahrnehmbar waren.
Der Geschädigte ging sodann zur Polizei, um dort die Handlungen des Angeklagten zur Anzeige zu bringen. In den Abendstunden des 07.05.2024 wurde der Geschädigte aufgrund der schweren Hirnverletzungen zunächst bewusstlos. Trotz Verbringung des Geschädigten in ein Krankenhaus und einer operativen Behandlung waren die Hirnverletzungen so massiv, dass das Versterben des Geschädigten nicht mehr abgewendet werden konnte.
Das Gericht ging nicht davon aus, dass der Angeklagte vorsätzlich den Tod des Geschädigten herbeiführen wollte. Dies insbesondere deshalb, weil er seine Körperverletzungshandlungen einstellte, als bei dem Geschädigten äußerlich noch keine erheblichen Verletzungen wahrnehmbar waren.
Allerdings hätte der Angeklagte aufgrund seiner vorangegangenen körperlichen Attacken, vor allem gegen den Kopf des Geschädigten, vorhersehen können, dass dieser später daran versterben könne. Es sei allgemein bekannt, dass Schläge gegen den Kopf schädlich sind und im äußersten Fall auch zum Tode führen können.
Das Gericht gelangte ebenfalls zu der Überzeugung, dass der Angeklagte bei seiner Festnahme durch die Polizei die Beamten körperlich angegriffen und beleidigt hatte.
Bei Bestimmung der konkreten Strafe hatten Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht eine vorangegangene Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Sonthofen aufgrund von Eigentumsdelikten zu berücksichtigen.
Aufgrund des Alters des Angeklagten zur Tatzeit war von Gesetzes wegen zwingend das Jugendstrafrecht anzuwenden. Die Höchststrafe war somit auf eine Jugendstrafe von 10 Jahren begrenzt.
Die Staatsanwaltschaft beantragte den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge, tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung zu einer Jugendstrafe von 8 Jahren zu verurteilen.
Die Verteidigung plädierte im Hauptanklagepunkt ebenfalls auf Körperverletzung mit Todesfolge und beantragte den Angeklagten zu einer Jugendstrafe von 5 Jahren zu verurteilen.
Das Gericht verurteilte den Angeklagten aufgrund der Handlungen zu Lasten des verstorbenen Geschädigten wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB.
Weiter verurteilte das Gericht den Angeklagten aufgrund der Handlungen im Zuge seiner Festnahme wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung. Unter Berücksichtigung der Verurteilung durch das Amtsgericht Sonthofen gelangte die 2. Jugendkammer zu einer Jugendstrafe von insgesamt 6 Jahren 10 Monaten.
Das Urteil des Landgerichts Kempten ist rechtskräftig, nachdem alle Verfahrensbeteiligten nach Urteilsverkündung auf Rechtsmittel verzichtet haben.
Landgericht Kempten (Allgäu), 19.02.2025