Die Beschwerde des unabhängigen Senders Radio Dreyeckland (RDL) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) gegen die im Januar erfolgten Durchsuchungen und gegen die Beschlagnahme von Laptops hatte Erfolg. RDL hatte in einem Artikel die Archivseite der 2017 verbotenen Internetplattform linksunten.indymedia verlinkt. Darin sah die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung und ließ die Redaktionsräume sowie Mitarbeiterwohnungen durchsuchen. Das Landgericht Karlsruhe sah nun durch die Durchsuchungen und die Beschlagnahme von Laptops mehrere Grundrechte wie die Rundfunkfreiheit verletzt.
„Die Staatsanwaltschaft hat bei den Durchsuchungen die Rundfunkfreiheit völlig außer Acht gelassen – ein rechtsstaatliches Armutszeugnis“, kritisiert David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF. „Dieses rabiate Vorgehen sendet fatale Signale – die auch die erfreuliche Gerichtsentscheidung zur Rechtswidrigkeit der Durchsuchungen nicht rückgängig machen kann.“
Das Landgericht warnt in seiner Begründung selbst davor, dass die unverhältnismäßigen Durchsuchungen unter Verletzung des Redaktionsgeheimnisses eine erhebliche einschüchternde Wirkung haben können. Redaktionsmitglieder überlegen sich in Zukunft womöglich zweimal, ob sie über staatliche Angelegenheiten kritisch berichten. Die Durchsuchungen in den Privatwohnungen der Redakteure habe außerdem gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung verstoßen.
„Bereits als die Polizei bei mir in der Wohnung stand, war ich der festen Überzeugung, dass diese Aktion nicht rechtmäßig sein kann. Gut, dass das nun endlich auch gerichtlich festgestellt wurde“, freut sich Fabian Kienert, Redakteur bei Radio Dreyeckland. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen ihn wurde im Juni vom Oberlandesgericht Stuttgart zugelassen.
Im Hauptverfahren kann und muss das Landgericht dann auch die Frage entscheiden, ob sich der angeklagte Journalist strafbar gemacht hat. Dafür kommt es insbesondere darauf an, ob das Setzen eines Links im Rahmen eines Presseberichts überhaupt eine strafbare Unterstützungshandlung darstellen kann. Vor Gericht werden die Journalisten und Radio Dreyeckland durch die Strafverteidiger*innen Angela Furmaniak, Dr. Lukas Theune und Sven Adam vertreten.
Die GFF sieht das Strafverfahren gegen Radio Dreyeckland als ein weiteres Beispiel dafür, dass Staatsanwaltschaften zurzeit besonders scharf gegen vermeintlich linke Aktivist*innen und Akteure vorgehen und dabei immer wieder die Pressefreiheit verletzen. Zuletzt war die GFF gemeinsam mit drei Journalisten gegen die Überwachung des Pressetelefons der Klimagruppe Letzte Generation vor Gericht gegangen.
(c) GFF, 28.08.2023