„Der Sozialstaat steht vor großen Herausforderungen. Neben den Wirkungen der demographischen und volkswirtschaftlichen Entwicklung wird auch die Sicherung des äußeren Friedens die ihm zur Verfügung stehenden Steuer- und Beitragsmittel beeinflussen. Der Sozialstaat wird sich wie in den vergangenen 75 Jahren seit Gründung der Bundesrepublik stets wandeln, in seinem Kern aber erhalten bleiben. Darüber wird die Sozialgerichtsbarkeit weiterhin wachen.“ versicherte Präsident des Landessozialgerichtes Dr. Jens Blüggel zu Beginn des Jahrespressegespräches.

Gemeinsam mit der Vizepräsidentin des Landessozialgerichtes Dr. Dörte Bergmann dankte er allen Angehörigen der nordrhein-westfälischen Sozialgerichtsbarkeit dafür, dass sie gemeinsam und engagiert den rechtsschutzsuchenden Bürgerinnen und Bürgern auch im vergangenen Jahr wieder effektiven Rechtsschutz gewährt haben.

Die in den Vorjahren zu beobachtende Tendenz rückläufiger Eingänge und Erledigungen schwächte sich im Berichtsjahr weiter ab. Erneut haben die Sozialgerichte den Rückgang der Eingänge dazu genutzt, Bestände signifikant abzubauen. Ihnen ist eine Reduzierung um gut 5.300 Verfahren gelungen. Die Bestände haben mit 81.778 Verfahren fast das Niveau von 2008 erreicht. Dabei macht sich zunächst weiter der Rückgang der Eingänge in der Krankenversicherung bemerkbar. Hier hatten zwei große Wellen von Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenhausträgern und Krankenkassen 2018 und 2019 dazu geführt, dass die Bestände vorübergehend auf ein Allzeithoch von über 100.000 Verfahren angestiegen waren. Maßgeblich für den Rückgang ist aber auch, dass die Zahl der Eingänge im Sachgebiet Grundsicherung für Arbeitssuchende/Bürgergeld gegenüber dem langjährigen Mittel mit bis 2019 jährlich rund 30.000 Verfahren nachgelassen hat. Nach deutlichen Rückgängen stagniert die Eingangszahl seit 2022 nahezu bei rund 17.000 Verfahren. Gleichwohl weist dieses Sachgebiet damit weiterhin den mit Abstand größten Anteil an allen Eingängen auf (25,58 %).Die durchschnittliche Laufzeit eines Klageverfahrens verringerte sich 2024 gegenüber dem Vorjahr von 16,4 auf 16,0 Monate). „An den Sozialgerichten ist es uns gelungen, die Situation sinkender Eingangszahlen zu nutzen, neben dem Abbau von Beständen auch schnelleren Rechtsschutz zu gewähren.“, so Dr. Blüggel.

Weiterhin und mit zunehmender Tendenz beschäftigen die Sozialgerichte die Folgen der Covid-19-Pandemie. Streitigkeiten ergeben sich zuvörderst in der Unfallversicherung, wo um die Anerkennung einer Berufskrankheit (vor allem bei Heil- und Pflegeberufen) bzw. eines Arbeitsunfalles (bei sonstigen Berufen) sowie sich daraus ergebende Leistungsansprüche gestritten wird. In diesem Gebiet ist es zu einem Anstieg der erstinstanzlichen Eingänge um rund 10% gekommen.

Das Jahr 2024 war geprägt von bedeutenden Entwicklungen. Die Sozialgerichte Köln und Duisburg sind in neue, modernen Ansprüchen genügende Räumlichkeiten umgezogen. Beim LSG wurde ein neuer Spruchkörper eingerichtet. Der 22. Senat ist jetzt – neben dem 8. Senat – schwerpunktmäßig zuständig für die Streitsachen nach § 7a Absatz 1 und § 28p SGB IV (Feststellung des Erwerbstatus bzw. Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger bei Arbeitgebern).

Im März 2024 wurde die Einführung der elektronischen Akte in der Sozialgerichtsbarkeit beim Sozialgericht Dortmund abgeschlossen. „Das war ein großer Schritt. In der Rechtsprechung verdrängt die digitale Akte bereits bezirksweit mehr und mehr die Papierakte. Auch in der Gerichtsverwaltung haben wir Anfang der Woche auf digitale Akten umgestellt, um so noch effizienter arbeiten zu können.“ hob Dr. Bergmann hervor.

Dank der Digitalisierung können in fast allen Diensten umfangreiche Möglichkeiten zur Telearbeit bzw. zur Tätigkeit im Homeoffice angeboten werden. Dies steht auch im Zusammenhang mit einer laufenden Attraktivitätsoffensive der Justiz in NRW als Arbeitgeberin. 2024 sind sukzessive in allen Diensträumen des LSG Glasfaserleitungen verlegt worden. Die Hälfte aller Sitzungssäle am LSG ist nun mit Videokonferenztechnik ausgestattet. „Effektiver Rechtsschutz ist nicht umsonst. Als digitale Justiz ist die Justiz NRW aktuell und zukünftig zwingend auf eine gut funktionierende IT und die dazu erforderliche finanzielle Ausstattung angewiesen.“ mahnte Dr. Blüggel.

LSG NRW, 21.03.2025

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