Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass  die Erhebung der Verjährungseinrede nicht rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Verwaltung keine Fehler anzulasten sind.

Geklagt hatte eine Frau aus Delmenhorst, deren Vater im August 2003 wegen  eines Herzinfarktes im Krankenhaus behandelt wurde. Dort erhielt er von dem als  „Todespfleger“ bekannt gewordenen Niels H. ein Medikament, das zu einer  reanimationspflichtigen Notsituation führte und in dessen Folge der Mann verstarb.

Die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) erfuhr im November 2014 durch  einen Medienbericht von den Vorgängen. Zu dieser Zeit meldete sich auch die Tochter  bei der Staatsanwaltschaft (StA) und berichtete vom damals überraschenden Tod  ihres Vaters. Im Rahmen einer Vorprüfung entschied die BG, zur Ermittlung der potentiellen  Opfer zunächst die Ermittlungen der StA abzuwarten. Nach Auswertung der Prozessakten  und Einkommensprüfung gewährte die BG eine Hinterbliebenenrente, die sie  rückwirkend ab dem Jahre 2010 zahlte. Für die vorherige Zeit seien die  Ansprüche jedoch verjährt.

Hiergegen wandte sich die Frau mit dem Argument, dass es nicht zu Lasten  des Einzelnen gehen dürfe, wenn Schadensgroßereignisse nicht zeitnah aufgeklärt  werden könnten. Lückenlose Aufklärung und Wiedergutmachung seien auch  hinsichtlich weit zurückliegender Zeiträume geboten, wie etwa die Diskussion  von Kindesmissbrauchsfällen zeige. Die Einrede der Verjährung habe daher als rechtmissbräuchlich zu gelten.

Das  LSG hat die Rechtsauffassung der BG bestätigt. Zur Begründung hat es  ausgeführt, dass die vierjährige Verjährung erst ab Kenntnis der BG im Jahre  2014 gehemmt war. Für die Zeiten vor 2010 sei die Einrede nicht als unzulässige  Rechtsausübung zu bewerten. Der BG seien keine Versäumnisse oder Verstöße gegen Ermittlungspflichten anzulasten, da sie unmittelbar nach Kenntnis der Vorgänge  aktiv wurde und die leistungsberechtigten Personen ermittelt habe. Sie habe ihr  Ermessen fehlerfrei gemäß dem Ermächtigungszweck ausgeübt. Der Senat hat die Revision  wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen,  Urteil vom 20. Juli 2023, L 14 U 117/22 , veröffentlicht bei www.juris.deVorinstanz:  SG Oldenburg

(c) LSG Niedersachsen-Bremen, 18.09.2023

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