Am 19. Juli 2024 fand in München der 2. Bayerische Sozialrechtstag statt. Der Einladung zur Diskussion über aktuelle und künftige Herausforderungen des Sozialrechts sind herausragende Vertreter der Gerichtsbarkeit und Rechtswissenschaft sowie der Unternehmer- und Gewerkschaftsseite gefolgt.

Staatsministerin Ulrike Scharf unterstrich in ihrem Grußwort die Leistungen der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit: „In diesem Jahr feiern wir die Meilensteine von 75 Jahren Grundgesetz und 70 Jahren Sozialgerichtsgesetz. Seit 70 Jahren garantieren die Institutionen unserer Sozialgerichtsbarkeit, dass im Kleinen wie im Großen gilt: Das Recht des Stärkeren darf niemals über die Stärke des Rechts siegen. Wir feiern die Säulen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Zugleich sehen wir am Horizont neue Gefahren heraufziehen. 70 Jahre Sozialgerichtsbarkeit – das heißt sieben Jahrzehnte Kontinuität im Wandel, Verlässlichkeit und Halt im Fluss der Veränderung und Vertrauen in Zeiten der Verunsicherungen. Als Sozialrichterinnen und Sozialrichter unterstützen Sie einen rationalen Diskurs im Dienst unserer wehrhaften Demokratie gegen die emotionale Vergiftung durch die Populisten aller Couleur! Geben wir gemeinsam Hass, Hetze und Lügen keine Chance in Bayern! im Namen unserer menschlichen und sozialen Heimat Bayern herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für Ihr Wirken.“

Der Präsident des Bayerischen Landessozialgerichts, Günther Kolbe, würdigte in seiner
Begrüßungsrede den Werdegang und die Errungenschaften des sozialen Rechtsstaats seit
1954 und wies darauf hin, dass Deutschland jährlich rd. 1,2 Billionen € für Soziales ausgibt.
Bei der Sicherung der sozialen Rechte der Bürgerinnen und Bürger erfüllen die
Sozialgerichte einen wichtigen Auftrag: „Die Sozialgerichte stehen weltweit vorzeigbar für
unabhängige Rechtsprechung, effektiven Rechtsschutz und eine rechtsstaatliche
Anwendung des Sozialrechts. Damit zeitnah effektiver Rechtsschutz möglich ist, muss darauf geachtet werden, dass die Rahmenbedingungen weiterhin stimmen. Da die Bedeutung des Sozialrechts stetig zunimmt, ist mehr sozialrechtliche Kompetenz durch mehr Aus- und Fortbildung im Sozialrecht notwendig.“

Die anschließende Festrede zum 70-jährigen Bestehen der Sozialgerichtsbarkeit hielt Prof. Dr. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts a.D. „Hinter jedem Sozialgerichtsverfahren steht gewöhnlich ein Einzelschicksal. Denn wird über Renten, Pflege, Bürgergeld, Sozialhilfe usw. gestritten oder um eine besondere Art der medizinischen Behandlung, geht es um Leistungen, die für den Bürger oftmals von existenzieller Bedeutung sind. Sozialleistungen sind daher zu Recht als einklagbare Rechte ausgestaltet und keine Almosen. Das gilt auch für das Bürgergeld oder die Sozialhilfe.“

Rechtsanwältin Sonja Hein-Schnieder zeigte mit ihrem Beitrag auf, dass das Sozialrecht viel aktueller ist, als man glaubt und wie wichtig es ist, zur Abwehr der Prekarisierung von Arbeitsbedingungen auch beim Thema „neue Arbeitsformen“ das Sozialrecht nicht aus den Augen zu verlieren.

Prof. Dr. Giesen forderte die Umsetzung der klassischen Schutzerfordernisse bei der Ausrichtung des Sozialrechts auf die neuen Arbeitsformen, warnte aber vor zu viel Perfektionismus. Dem schloss sich Prof. Dr. Kreikebohm an.

Vanessa Ahuja, Vorständin der Bundesagentur für Arbeit, blickte in die Zukunft: „Die Digitalisierung, Decarbonisierung und Demografie verändern den Arbeitsmarkt. Demografisch werden bis 2035 sieben Millionen Erwerbspersonen fehlen. Damit der deutsche Arbeitsmarkt weiter funktioniert, braucht es zwei Hebel. Es ist wichtig, das inländische Potenzial noch besser zu erschließen. Höhere Arbeitszeiten von Frauen, bessere Beschäftigungschancen von Älteren und qualifizierte Weiterbildungen von Arbeitslosen sind zentrale Schlüssel. Zusätzlich müssen wir ausländische Fach- und Arbeitskräfte für den deutschen Arbeitsmarkt gewinnen.“

Johannes Magin, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Integrationsfachdienste Bayern e.V., riet den Arbeitgebern, die Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung aktiv voranzutreiben: „Sie erschließen sich dadurch nicht nur ein wertvolles Potenzial an Mitarbeitenden, sondern machen ihr Unternehmen auch fit für die verschiedensten Anforderungen ihrer Beschäftigten.“

María Léon, Inklusionsbeauftragte der Lufthansa AG, sieht Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe und unternehmerische Pflicht: „Eine inklusive Arbeitswelt erfordert eine inklusive Gesellschaft, geprägt von Toleranz und Respekt. Inklusion beginnt im Kopf.“

Schließlich erläuterte Dr. Markus Gruber Bayerns Ziel einer inklusiven Gesellschaft, in der Menschen mit und ohne Behinderung selbstverständlich miteinander leben und arbeiten. Und die damit verbundenen Herausforderungen. „In Bayern haben wir schon wichtige Schritte in Richtung zu diesem Ziel hinter uns gebracht und sind weiter auf einem guten Weg.“

(c) LSG Bayern, 19.07.2024

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