Mit einem Festakt feiert die bayerische Justiz heute (6. Februar) das Jubiläum der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) in Bamberg. Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der ZCB ermitteln weltweit und unter Einsatz modernster Technologie. Bayern hat bereits 2015 seine Ermittlungsstrukturen mit dem Aufbau der ZCBbei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg erfolgreich optimiert und seither kontinuierlich ausgebaut. Auf Einladung des Bamberger Generalstaatsanwalts Wolfgang Gründler kamen zahlreiche geladene Gäste aus Justiz, Polizei, Wissenschaft und Politik nach Bamberg. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Mit zwei Ermittlern hat die ZCB im Januar 2015 bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Arbeit aufgenommen. Unter Führung des erfahrenen Leitenden Oberstaatsanwalts Lukas Knorr wurde die ZCB zu einer Speerspitze im Kampf gegen Cyberkriminalität, die bundesweit und international höchstes Ansehen genießt. Sie, Herr Knorr, haben in den vergangenen zehn Jahren eine schlagkräftige Einheit aufgebaut. Das Team wird nun um weitere 5 auf 30 Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ausgebaut, die von fünf IT-Forensikern unterstützt werden. Die ZCB hat Erfolgsgeschichte im Kampf gegen Cybercrime geschrieben und in zehn Jahren bereits mehr als 100.000 Verfahren eingeleitet.“

Eisenreich: „Ich möchte auch dem stellvertretenden Leiter der ZCB, Leitenden Oberstaatsanwalt Thomas Goger für seinen großen persönlichen Einsatz herzlich danken. Auch er leistet Pionierarbeit, indem er auf innovative Technologien setzt und ein Netzwerk mit Akteuren der Wissenschaft und insbesondere Interpol aufgebaut hat. Seine Expertise ist über die Grenzen Bayerns hochgeschätzt.“

In welchen Bereichen ermittelt die ZCB?

Kriminelle haben ihre Methoden längst an das digitale Zeitalter angepasst. Sie verlagern ihre Aktivitäten zunehmend ins Internet und setzen mittlerweile auch Künstliche Intelligenz ein. Der Ermittlungsbereich der ZCB ist dementsprechend breit gefächert und reicht von Kindesmissbrauch im Darknet über Anlagebetrug im Namenvon Prominenten bis hin zum Handel mit gestohlenen Daten und verbotenen Waren. Spezialfelder der ZCB sind

u. a.:

·       Kampf gegen sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie: Im Jahr 2020 gründete Justizminister Eisenreich innerhalb der ZCB das „Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet“ (kurz ZKI). Eisenreich: „Die ZCB hat allein im vergangenen Jahr 8.728 Verfahren im Bereich Kinderpornografie und sexueller Missbrauch von Kindern erfasst. Wer Kinder sexuell missbraucht, kann sich in Bayern niemals sicher fühlen.“

·       Kampf gegen Online-Anlagebetrug (Cybertrading): Falsche Börsenbroker ködern ihre Opfer im Netz mit angeblich hohen Gewinnen und geheimen Anlagestrategien, häufig auch mit gefakten Empfehlungen von Prominenten oder Fernsehsendungen. Eisenreich: „Der Schaden geht allein in Deutschland in die Milliarden. Die ZCB hat wegen 2.465 betrügerischer Plattformen Verfahren eingeleitet, etwa 70 Täter wurden bislang verurteilt. Der ZCB gelingt es dabei zum Teil, gemeinsam mit ihren internationalen Partnern kriminelles Vermögen im Ausland zu sichern und nach Deutschland überführen zu lassen – beispielsweise Geld oder Luxusautomobile.“

·       Abwehr der Cyber-Bedrohungen für Unternehmen und Privatleute: Ransomware-Angriffe auf kleine und mittlere Unternehmen, Behörden und kritische Infrastruktur. Laut Lagebericht 2024 des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik steigt die Zahl der Cyberangriffe erheblich. Eisenreich: „Cyberangriffe bedrohen in zunehmendem Umfang die Sicherheit von Unternehmen, Behörden und kritischer Infrastruktur, zum Beispiel durch Hackerangriffe, Erpressungsversuche oder kriminelle Zugriffe auf Daten. Gerade bei der Bekämpfung von Cybercrime sind effektive Strukturen und Kooperationen zwischen den befassten Stellen von größter Bedeutung.“ Zum 1. Oktober 2022 wurde bei der ZCB eine Taskforce „Cyberangriffe auf Unternehmen und Einrichtungen“ eingerichtet, die auch als Ansprechpartner für betroffene Unternehmen zur Verfügung steht. 

·       Kampf gegen die Fake-Shop-Plage: Betrügerische Online-Shops entwickeln sich nach Trends und locken mit täuschend echt und seriös aussehenden Angeboten im Internet zu Schnäppchenpreisen. Wer dort bestellt, wartet vergebens auf die bezahlte Ware. Eisenreich: „Fake Shops sind zu einer echten Internet-Plage geworden. Allein bei der ZCB sind bereits 425 unterschiedliche Fake Shops in Verfahren bekannt geworden.“ Zu Beginn dieses Jahres wurden die Ermittlungen in Fake-Shop-Verfahren in Bayern bei der ZCB konzentriert.

·       Kampf gegen „Crypto Romance Scam“ sowie „Sextortion“. Viele moderne Phänomene beginnen mit einem harmlosen Flirt in sozialen Medien und enden mit Betrug oder einer für die Betroffenen beschämenden Erpressung. Beim „Crypto Romance Scam“ (häufig auch „Pig Butchering Scam“ genannt) werden die Opfer überredet, in Kryptowährungen auf gefälschten Trading-Plattformen oder -apps zu investieren. Bei „Sextortion“ (sexuelle Erpressung) werden vor allem junge Männer weltweit mit Nacktfotos oder intimen Videos erpresst. In Bayern gab es bis Juli 2023 insgesamt 1.793 Fälle von „Sextortion“. Die ZCB übernimmt in ausgewählten Verfahren mit hohem technischen Ermittlungsaufwand auch die Ermittlungen bei klassischem „Love Scam“ (moderner Heiratsschwindel über das Internet). 

Welche Erfolge konnte sie erzielen?

Die ZCB ist bestens vernetzt und kooperiert weltweit mit Ermittlungsbehörden wie INTERPOL, EUROPOL oder dem FBI und in international besetzten „Joint Investigation Teams“. Sie kann nach zehn Jahren zahlreiche Ermittlungserfolge vorweisen. Dazu gehören:

·       Schlag gegen den internationalen organisierten Anlagebetrug. Erst im November 2024 gelang es der ZCB, 20 Mitglieder einer mutmaßlichen Tätergruppierung im Kosovo vorläufig festzunehmen. Damals lagen bereits Anzeigen von etwa 350 Betroffenen aus Deutschland vor.

·       Insgesamt gab es seit 2019 rund 120 Festnahmen im In- und Ausland zum Cybertrading. Die ZCB konnte dabei auch kriminelles Vermögen im Ausland sichern. Beispielsweise gelang es, dem mutmaßlichen Kopf einer Betrügerbande in der Ukraine einen Rolls Royce und einen Lamborghini im Gesamtwert von einer Million Euro abzunehmen.

·       Im Herbst 2019 hat die ZCB Anklage gegen einen Mann aus Würzburg erhoben, der teils hochgradig geistig und körperlich beeinträchtigte Jungen im Alter von bis zu sechs Jahren sexuell missbraucht hatte. Der Täterwurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Mit den Ermittlungsergebnissen konnten 53 weitere Verdächtige weltweit ermittelt werden.

·       Bundesweite Ermittlungen der ZCB führten 2021 zur Festnahme eines Computerbetrügers, der durch das„Hacking“ von Online-Konten knapp 1,4 Millionen Euro erbeutete. Der Täter wurde zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

·       Bereits 2016 konnten Ermittlerinnen und Ermittler der ZCB einen Fake-Shop-Betreiber in Spanien verhaften. Der Betrüger hatte in mehr als tausend Fällen hochwertige Elektroartikel im Internet verkauft, die bezahlt, aber nie geliefert wurden. Das Urteil: Mehr als fünf Jahre Haft.

Welche innovativen Ermittlungswerkzeuge setzt die ZCB ein?

Die Cybercrime-Spezialisten aus Bamberg beteiligen sich seit Jahren an der Entwicklung innovativer Ermittlungswerkzeuge: 

·       Suchmaschine für das Darknet. Gemeinsam mit der niederländischen Forschungsgesellschaft TNO beteiligte sich die ZCB ab Sommer 2020 an der Fortentwicklung des „Dark Web Monitor“ – einer Art Suchmaschine für das Darknet.

·       Analyseplattform für Kryptowährungen. Im Juni 2022 stieg auch ein Wiener Forscherteam von Complexity Science Hub in das Projekt ein: Mit dem Analyse-Tool GraphSense können die Ermittler besser der Spur des Geldes folgen, wenn z. B. für Kinderpornografie mit Bitcoin bezahlt wird.

·       „Big Phish“. Zum Schutz sensibler Bankdaten pilotiert die Justiz seit Juli vergangenen Jahres gemeinsam mit TNO ein Tool, das frühzeitig Phishing-Domains im Internet aufspüren soll. 

·       Fake-Shop Detector: Gemeinsam mit dem AIT, der größten außeruniversitären Forschungseinrichtung Österreichs, ist die ZCB seit August 2023 dabei, den Fake-Shop Detector auf die besonderen Anforderungen der Strafverfolgungsbehörden zuzuschneiden und weiterzuentwickeln. Das Tool überprüft unbekannte Online-Shops mithilfe Künstlicher Intelligenz in Echtzeit auf mehr als 21.000 Merkmale.

Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ZCB bedankte sich Minister Eisenreich herzlich: „Die ZCB genießt im In- und Ausland höchstes Ansehen. Herzlichen Dank für Ihren auch persönlich sehr fordernden Einsatz und weiterhin viel Erfolg für Ihre Ermittlungen.“

StMJ, 06.02.2025

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