Auch nach dem Ende der Pandemie-Hochphase ist Hasskriminalität im Internet weiter stark verbreitet. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Hass und Hetze halten sich im Internet auf erschreckend hohem Niveau und sind gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen. Wer die Meinungsfreiheit und die Demokratie schützen will, muss Hasskriminalität konsequent bekämpfen. Das tun wir in Bayern. Unsere Hate-Speech-Spezialisten haben im Jahr 2022 insgesamt 2.435 Verfahren neu eingeleitet. Im Jahr 2021 waren es 2.317, vor drei Jahren 1.648 Verfahren.“ Neue Entwicklungen wie beispielsweise der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen bieten Hass und Hetze im Netz einen zusätzlichen Nährboden. 

Minister Eisenreich hat bereits zum 1. Januar 2020 Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten zentral für die bayerische Justiz bestellt und Sonderdezernate bei allen 22 Staatsanwaltschaften Bayerns im Kampf gegen Hass und Hetze eingesetzt.

Wie viele Täter wurden verurteilt – wer bekam die höchste Strafe?

  • Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 2.435 neue Verfahren wegen Hate Speech eingeleitet (1.902 Verfahren gegen bekannte und 533 gegen unbekannte Täter).
  • Anklage erhoben wurde in 488 Verfahren, im Vorjahr waren es 450 Verfahren. In 324 Verfahren erging eine Verurteilung oder Strafbefehl, davon sind 260 Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen.
  • Die bisherige Höchststrafe in Bayern bekam ein Ersttäter, der im Netz unter falschem Namen gegen Politiker und Flüchtlinge hetzte. Er wurde zu einer Strafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Eisenreich warnt: „Die Meinungsfreiheit endet dort, wo das Strafrecht beginnt. Selbst bei Ersttätern ist eine Freiheitsstrafe möglich. Außerdem drohen empfindliche Geldstrafen – bei Volksverhetzung beispielsweise mindestens drei Monatsgehälter plus Eintrag ins Führungszeugnis.“

Woher kommt der Hass?

Hass und Hetze können jeden treffen – Minderheiten, andersdenkende oder andersgläubige Menschen. Von den 2.435 Verfahren waren 401 fremdenfeindlich (im Vorjahr 347), 387 antisemitisch (218), 64 behindertenfeindlich (25) und 44 christen- oder islamfeindlich (52)motiviert. In 38 Verfahren wurden die Opfer wegen ihrer sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität angegriffen, im Vorjahr 86. In 214 Verfahren waren die Geschädigten weiblich, im Vorjahr waren es 280. In vielen Verfahren kann die Motivation aber nicht eindeutig festgestellt werden. Minister Eisenreich: „Die Zahl der Verfahren mit antisemitisch motivierter Hate Speech ist um 78 % von 218 im Jahr 2021 auf 387 im Jahr 2022 gestiegen und hat ein erschreckendes Ausmaß erreicht. Corona war hier ein Treiber.“

Wo kann ich Hate Speech anzeigen?

Zur effektiven Bekämpfung von Hate Speech hat das bayerische Justizministerium spezielle Online-Meldeverfahren für Online-Straftaten mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet.

  • Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM). Mit der BLM wurde am 21. Oktober 2019 das Projekt „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“ ins Leben gerufen. Das Motto: „Erst anzeigen, dann löschen.“ Bereits 116 Medienunternehmen unterstützen die Initiative aktuell, 81 nehmen aktiv teil. Der Justizminister: „Vom Projektstart bis 7. Februar 2023 gab es 651 Prüfbitten. In 523 Fällen wurden hierauf Ermittlungsverfahren eingeleitet. In 147 Fällen wurde das Verfahren mit einer Anklage oder einem Strafbefehlsantrag abgeschlossen. Hieraus sind 92 Verurteilungen mit Geldstrafen bis zu 150 Tagessätzen und Freiheitsstrafen von bis zu acht Monaten auf Bewährung resultiert.“
  • Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowie Abgeordnete des Landtages, des Bundestages und des Europaparlaments: Sie können seit 11. September 2020 in einem Online-Meldeverfahren schnell und einfach Anzeigen und Prüfbitten an die Generalstaatsanwaltschaft München übermitteln. Insgesamt haben bislang 171 Amts- und Mandatsträger einen Zugang zum Verfahren erhalten. Der Minister: „Bis zum 7. Februar 2023 gingen 181 Prüfbitten ein. In 152 Fällen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. In 39 Fällen wurde das Verfahren mit einer Anklage oder einem Strafbefehlsantrag abgeschlossen. In 27 Fällen gab es Verurteilungen zu Geldstrafen von bis zu 150 Tagessätzen und in einem Fall zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung.“
  • Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern). Zum Schutz der Jüdinnen und Juden in Bayern wurde 2021 ein Online-Meldeverfahren für Opfer judenfeindlicher Straftaten eingerichtet.
  • Mit der Münchner Fachstelle ″Strong!“ kooperiert die Justiz seit Oktober vergangenen Jahres. Betroffene von queerfeindlicher Hate Speech erreichen das Meldeverfahren über www.strong-community.de.
  • Eine Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger hat das Justizministerium im Juli 2022 gemeinsam mit dem Innen- und Sozialministerium sowie dem Sozialministerium Baden-Württemberg in einer Kooperation mit der baden-württembergischen Meldestelle „REspect!“ geschaffen. Unter www.meldestelle-respect.de können Betroffene Hate Speech einfach online anzeigen und eine Beratung erhalten. Binnen eines halben Jahres (bis 31. Dezember 2022) gingen bei der Meldestelle 1.297 Meldungen mit Bezug zu Bayern ein.

Minister Eisenreich bedankt sich bei Bayerns Hate-Speech-Beauftragter, Staatsanwältin Teresa Ott, und den Hate-Speech-Spezialisten bei den bayerischen Staatsanwaltschaften. Eisenreich: „Der Kampf gegen Hate Speech muss entschlossen geführt werden. Ich danke unseren Ermittlerinnen und Ermittlern für ihren großen Einsatz.“

Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 16. Februar 2023

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