Verhandeln über Videokonferenzanlagen, Beweisaufnahmen über Microsoft Teams: Videoverhandlungen sind in Bayern in Zivilverfahren immer beliebter. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Tausende Zivilprozesse werden an Bayerns Gerichten inzwischen digital geführt. Allein im Jahr 2022 gab es 12.056 Videoverhandlungen und -anhörungen im Freistaat. Mich freut die große Bereitschaft in der bayerischen Justiz, sich auf neue digitale Möglichkeiten einzulassen. Wir treiben die Digitaloffensive voran.“ Ob sich ein Verfahren für eine Videoverhandlung anbietet, entscheidet die jeweilige Richterin oder der jeweilige Richter.
Die Digitalisierungsoffensive in den Gerichten hat in Bayern nicht erst mit der Corona-Pandemie begonnen. Seit 2018 werden zentral mobile Videokonferenzanlagen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften beschafft. Eisenreich: Allein im 4. Quartal 2022 wurden 3.031 Verhandlungen und Anhörungen als Videoschalten geführt. Bayernweiter Spitzenreiter unter den Gerichten ist das Landgericht Traunstein. Dort verhandelten die Richterinnen und Richter vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 mehr als 1.407 Verfahren auf digitalem Weg. Im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg ist das Landgericht Bayreuth mit 839 digital verhandelten Fällen im Jahr 2022 führend. Im Bezirk des Oberlandesgerichts Nürnberg hat das Landgericht Nürnberg-Fürth am meisten Fälle digital verhandelt (776 im Jahr 2022). Bayernweiter Spitzenreiter bei den Amtsgerichten ist das Amtsgericht München. Dort wurden im Jahr 2022 643 Videoverhandlungen und -anhörungen durchgeführt.“
Zum Ausbau der Videoverhandlungen in den Gerichten setzt die bayerische Justiz auf ein Zwei-Säulen-Konzept: Zum einen wurden alle Gerichte des Freistaates mit mobilen Videokonferenzanlagen ausgestattet. Daneben setzt die bayerische Justiz auf das Videokonferenz-Tool Microsoft Teams. Eisenreich: „Unser Ziel war es, die Gerichte flächendeckend mit mobilen Videokonferenzanlagen auszustatten. Wir haben unser Ziel erreicht: Bereits seit Juli 2021 haben alle 99 bayerischen Gerichte Zugang zu einer Anlage. Insgesamt wurden hierfür 149 Videokonferenzanlagen beschafft. 21 weitere Videokonferenzanlagen werden bis Mitte Februar ausgeliefert. Zum Ausbau der Videoverhandlungen setzt die Justiz neben der Ausstattung der Gerichte mit Videokonferenzanlagen auch auf ein Video-Konferenz-Tool. Nach einer erfolgreichen Pilotphase wurde der Einsatz bayernweit freigegeben.“
Auf dem Weg zu einem modernen Zivilprozess sieht der bayerische Justizminister auch erheblichen rechtspolitischen Handlungsbedarf beim Bund. Justizminister Eisenreich: „Eine Modernisierung des Zivilprozesses ist notwendig. Der Bund muss jetzt tätig werden. Wir brauchen eine breit geführte Diskussion, die alle Akteure einbezieht: Gerichte, Rechtsanwälte, Wissenschaftler, Wirtschaft, Verbraucherverbände.“ Und auch grenzüberschreitend will Bayern das Verhandeln erleichtern. Auf bayerische Initiative hat die Justizministerkonferenz im Frühjahr 2021 das Bundesjustizministerium aufgefordert, sich für eine umfassende Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene einzusetzen. Eisenreich: „Der Reformprozess ist dringend notwendig. Die Justiz will die Chancen der Digitalisierung nutzen. Jetzt sind Berlin und Brüssel gefordert.“
Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Justiz, Pressemitteilung vom 6. Februar 2023