Desinfektionsmittel in der Pandemie, E-Bikes im Sommer, Brennholz in der Energiekrise, Spielzeug vor Weihnachten: Fake Shops entwickeln sich nach Trends und locken mit täuschend echt und seriös aussehenden Angeboten im Internet zu Schnäppchenpreisen. Wer dort bestellt, wartet vergebens auf die bezahlte Ware. Um Bayern im Kampf gegen den Online-Betrug noch besser aufzustellen, hat Bayerns Justizminister Georg Eisenreich heute (24. August) gemeinsam mit Dr. Helmut Leopold, Head of Center for Digital Safety & Security des AIT Austrian Institute of Technology in Wien, eine Kooperationsvereinbarung im Justizpalast in München unterzeichnet. Ziel der Zusammenarbeit ist es, die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) mit dem KI-basierten Fake-Shop Detector für Ermittlungen im Internet noch besser zu rüsten. Justizminister Eisenreich: „Fake Shops sind zu einer echten Internet-Plage geworden. Allein in einem einzigen bei der ZCB geführten Ermittlungskomplex wurden etwa 1.600 Geschädigte um etwa 500.000 Euro betrogen. Die Shops tauchen im Internet auf und verschwinden meist auch schnell wieder, sobald der Betrug aufgeflogen ist. Gemeinsam mit den Wiener Spezialisten wollen wir den erfolgreichen Fake-Shop Detector auf die besonderen Anforderungen der Strafverfolgungsbehörden zuschneiden und weiterentwickeln.“

Was kann der Fake-Shop Detector?

Das Tool ist eine Entwicklung des AIT, der größten außeruniversitären Forschungseinrichtung Österreichs, in enger Kooperation mit dem Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und dem österreichischen Internetspezialisten X-Net. Der Fake-Shop Detector überprüft unbekannte Online-Shops mithilfe Künstlicher Intelligenz in Echtzeit auf mehr als 21.000 Merkmale. Ist ein Shop verdächtig, warnt der Detector. Eisenreich: „Für die Ermittlungen der ZCB ist ein möglichst frühzeitiger Zugriff auf Domains und Server entscheidend. Der Einsatz des Fake-Shop Detectors bietet erhebliches Potential, Fake Shops mithilfe Künstlicher Intelligenz frühzeitig zu identifizieren. Die Ermittler bekommen so einen wertvollen Vorsprung. Das Tool könnte zudem dazu beitragen, dass die ZCB noch besser die hinter den Taten liegenden Strukturen erkennen und ihre Ermittlungen in diesem Kriminalitätsbereich noch effizienter gestalten könnte. Denn in den vergangenen Jahren beobachten unsere Spezialisten, dass auch im Bereich Fake Shops zunehmend Organisierte Kriminalität am Werk ist.“

Dr. Helmut Leopold, Head of Center for Digital Safety & Security des AIT: „Durch eine beispielgebende enge Kooperation von Datenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern und Domänenexpertinnen und -experten konnte mit dem Fake-Shop Detector ein effektives KI-Werkzeug mit echtem Mehrwert für den Menschen im digitalen Raum entwickelt werden. Dabei ist vor allem eine permanente Qualitätskontrolle der KI durch den Menschen inhärenter Teil der KI-basierten Lösung. Die wachsenden Bedrohungen durch Desinformation, Hate Speech und betrügerische Angriffe im Internet verlangen noch mehr gemeinsame Anstrengungen, um digitalen Nutzerinnen und Nutzern Werkzeuge und Hilfsmittel für die Aufrechterhaltung ihrer Souveränität zur Verfügung zu stellen.“

Die ZCB ist seit langem erfolgreich bei der Bekämpfung von Fake Shops. Bereits im Jahr 2016 gelang es den Ermittlerinnen und Ermittlern, einen Fake Shop-Betreiber in Spanien zu verhaften. Das Urteil: Mehr als fünf Jahre Haft. Der Minister: Um die Ermittlungen in diesem Bereich künftig noch effektiver zu gestalten, bündeln wir seit vergangenem Jahr bayernweit die Fake Shop-Verfahren schrittweise bei der ZCB. Hierzu wurde die ZCB im Jahr 2022 mit zwei Staatsanwälten verstärkt und eine eigene Einheit mit vier Staatsanwältinnen und Staatsanwälten geschaffen, die schwerpunktmäßig für die Verfolgung von Fake Shops zuständig ist. Im Laufe dieses Jahres wird diese Einheit noch einmal mit einer weiteren Staatsanwältin oder einem Staatsanwalt gestärkt.“

Während der Fake-Shop Detector des AIT für die speziellen Erfordernisse der Ermittlungen weiterentwickelt wird, bietet die Verbraucherzentrale Bayern einen Fakeshop-Finder für Verbraucherinnen und Verbraucher an. Die automatisiert erstellte Blacklist warnt vor möglichen Betrügern im Internet unter www.fakeshopfinder.de.

Marion Zinkeler, Vorständin der Verbraucherzentrale Bayern: „Mit dem Fakeshop-Finder der Verbraucherzentralen können Nutzer selbst prüfen, ob ein Online-Shop potenziell betrügerisch ist. Mit diesem präventiven Ansatz ergänzt unser Tool die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden ideal, indem es Bürgerinnen und Bürger davor bewahren kann, überhaupt zu Opfern zu werden.“ Der Fakeshop-Finder wird bereits sehr gut angenommen. Marion Zinkeler zu den Zahlen: „Täglich werden durchschnittlich 3.800 Internet-Adressen im Fakeshop-Finder eingegeben und 2.300 neue Fakeshops pro Monat erkannt. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen diese Form der Cyber-Kriminalität.“

Im Kampf gegen Online-Kriminalität setzt die bayerische Justiz auf internationale Kooperationen und technische Innovation. Die ZCB entwickelt beispielsweise auch mit niederländischen Spitzenforschern den „Dark Web Monitor“ – eine Art Suchmaschine für das Darknet. Eisenreich: „Mit dem Fake-Shop Detector bekommen die Spezialstaatsanwältinnen und -anwälte ein weiteres Werkzeug an die Hand, das passgenau für ihre Bedürfnisse entwickelt wird.“

Hintergrund: Bayerns Cybercrime-Spezialisten

Der Freistaat geht entschlossen gegen Cybercrime vor.

  • Bereits 2015 wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die ZCB gegründet.
  • Mit der ZCB ist die bayerische Justiz hervorragend aufgestellt – 23 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie vier IT-Spezialistinnen und Spezialisten bilden eine der größten und erfahrensten Spezialstaatsanwaltschaften Deutschlands. Zwei weitere Stellen (darunter eine für die strafrechtliche Bekämpfung von Fake-Shops) werden in diesem Jahr noch hinzukommen.
  • Die Arbeit der ZCB ist sehr erfolgreich: Seit ihrer Gründung hat sie insgesamt mehr als 65.000 Verfahren eingeleitet.

(c) StMJ, 24.08.2023

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