Deutschlandweiter Vorreiter: 22 erfolgreiche Jahre Teen Court Aschaffenburg – Handy geklaut, Mofa frisiert, Graffiti-Schmierereien: Die Fälle sind echt, aber die 16 Aschaffenburger Richterinnen und Richter sind so jung wie die Beschuldigten. Der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Georg Eisenreich nahm heute (5. Oktober) an der Jubiläumsfeier anlässlich des 22-jährigen Bestehens des „Kriminalpädagogischen Schülerprojekts“ in Aschaffenburg teil. Dort wurde im Jahr 2000 das deutschlandweit erste Teen-Court-Projekt gegründet. Mittlerweile gibt es im Freistaat Bayern zwölf Schülergerichte: Neben dem in Aschaffenburg auch in Ingolstadt, Ansbach, Memmingen, Augsburg, Landshut, Dillingen, Neu-Ulm, Passau, Regensburg, Deggendorf und München. Der Minister: „Schülergerichte sind ein bayerisches Erfolgsmodell. Seit mehr als 20 Jahren arbeiten Justiz, lokale soziale Einrichtungen und junge Menschen zusammen. So findet ein Dialog auf Augenhöhe statt und es kann gemeinsam eine Sanktion erarbeitet werden. Der Teen Court Aschaffenburg hat bis heute über 1400 Fälle verhandelt.“
Wie funktioniert das Schülergericht?
- Bereits seit dem Jahr 2000 kann die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg geeignete Jugendsachen an die Schülergerichte weitergeben (schwere Straftaten sind ausgenommen).
- Bei den Straftaten handelt es sich meist um typische Jugend-Delikte wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigung oder leichte Körperverletzung.
- Verhandelt wird nicht im Gerichtssaal, sondern am runden Tisch. Dort stellen sich junge Straftäter einem Gremium aus drei Schülerrichtern in Begleitung von Sozialpädagogen. Eisenreich: „Sie arbeiten die Tat in einem intensiven Gespräch gemeinsam auf; vor allem Hintergründe, Motive und Folgen der Tat werden beleuchtet. Auf Augenhöhe wird eine erzieherische Maßnahme als Reaktion auf die Straftat erarbeitet. Damit erreichen wir eine höhere Akzeptanz.“ Auch für die Schülerrichter sei das Projekt ein Gewinn: „Die Schülerrichter übernehmen Verantwortung und setzen sich für die Durchsetzung des Rechts ein. Ihre Erfahrungen geben sie an ihre Mitschüler weiter. Das stärkt unseren Rechtsstaat über das Projekt hinaus.“
- Statt eines Urteils vereinbaren die jungen Richterinnen und Richter mit dem Täter eine erzieherische Maßnahme, z.B. Arbeitsleistung, Handy-Entzug, Aufsatz oder Referat. Die Schülerrichter wachen über das Einhalten der Maßnahmen. Danach stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Regel ein. Sie kann aber auch Anklage erheben, insbesondere wenn die Auflagen nicht erfüllt worden sind.
An der Jubiläumsfeier nahmen auch Vertreterinnen des Vereins „Hilfe zur Selbsthilfe e.V.“ teil. Die Institution der Jugendhilfe gründete das „Kriminalpädagogische Schülerprojekt“ vor mehr als 20 Jahren auf Initiative des bayerischen Staatsministeriums der Justiz und der Staatanwaltschaft Aschaffenburg und führt es federführend durch.
Bayerns Justizminister: „Die Bilanz von 22 Jahren Teen Court Aschaffenburg ist eine Erfolgsbilanz. Hier wurde vor über 20 Jahren das deutschlandweit erste Teen-Court-Projekt gegründet. Seine Erfolgsgeschichte setzt sich bis heute fort. Ich danke allen, die das Schülergericht Aschaffenburg möglich gemacht haben und machen – allen voran der Leitenden Oberstaatsanwältin Monika Schramm, dem Verein ‚Hilfe zur Selbsthilfe e.V.‘, Oberstaatsanwalt Dr. Marco Schmitt, dem Projektkoordinator bei der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg, und dem Rektor der Schönberg-Mittelschule Aschaffenburg, Herrn Christian Raupach, stellvertretend für alle beteiligten Schulen. Ein weiterer Dank gilt der Polizei für deren Unterstützung bei der Vorauswahl und Vorbereitung der Verfahren. Allen Schülerrichterinnen und Schülerrichtern wünsche ich weiterhin viel Erfolg für ihre Arbeit und – noch wichtiger – stets ausgewogene Entscheidungen.“