„Wir werden die Einrichtung eines Haus des Jugendrechts prüfen“ – diesen Satz hatten sich die Bremerhavener Koalitionsparteien SPD, CDU und FDP nach der letzten Wahl in ihre „Vereinbarung zur Zusammenarbeit“ geschrieben. Eine Idee, die das Justizressort nicht nur unterstützt, sondern gleich Nägel mit Köpfen daraus gemacht hat: Heute haben Justizsenatorin Claudia Schilling, der Bremerhavener Jugenddezernent, Stadtrat Michael Frost, und der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Harry Götze, eine entsprechende Kooperationsvereinbarung für das neue Haus des Jugendrechts unterschrieben. Damit sind die Weichen gestellt, so dass die neue Einrichtung in Bremerhaven ab sofort ihre Arbeit aufnehmen kann.
Dazu Justizsenatorin Claudia Schilling: „Auch bislang gibt es in der Seestadt eine sehr gute, etablierte Zusammenarbeit zwischen Polizei, Jugendstaatsanwaltschaft, Jugendgerichtsbarkeit, Jugendamt und Partnern wie dem Jobcenter, den Schulen und weiteren Einrichtungen. Aber wie immer im Leben gilt auch hier: Das Bessere ist der Feind des Guten. Durch das neue Haus des Jugendrechts erhoffen wir uns weitere Impulse und eine nochmalige Intensivierung der schon bislang guten Zusammenarbeit sowie eine Steigerung der Wirksamkeit, indem beispielsweise noch schneller darauf reagiert werden kann, wenn junge Menschen auf die schiefe Bahn zu geraten drohen.“
Erreicht werden soll dies auf verschiedene, individuell auf den Einzelfall abgestimmte Maßnahmen: „Damit Jugendliche die Konsequenzen ihres Handelns schnell und nicht erst lange Zeit nach der eigentlichen Tat spüren, sollen die strafrechtlichen Ermittlungen beschleunigt werden – damit im Fall des Falles die Strafe tatsächlich auf dem Fuß folgt und beispielsweise Jugendarreste auch zeitnah vollstreckt werden. Vor allem aber soll durch die verstärkte Zusammenarbeit schon weit vorher eingegriffen werden, damit es gar nicht erst so weit kommt“, fasst Schilling die Ziele des Haus des Jugendrechts zusammen. Konkret geht es dabei um das möglichst frühzeitige Erkennen von Jugendlichen, die abzurutschen drohen und eine rasch darauffolgende Intervention sowie schnelle und individuell passgenauere Reaktionen: „Dabei stehen zunächst eine deutliche Ansprache aber vor allem eben auch Hilfe und Unterstützung für die Jugendlichen, bei denen sich derartige Probleme ausmachen lassen, im Mittelpunkt. Letztlich geht es darum, die Idee von ‚Prävention statt Strafe‘ zu stärken, um Straftaten möglichst schon im Vorfeld zu verhindern“, so die Senatorin weiter.
Auch der Bremerhavener Jugenddezernent Michael Frost begrüßt die Intensivierung der Zusammenarbeit: „Die Einhaltung gesellschaftlicher Spielregeln und die Erfahrung von Sanktionen bei Regelverletzungen gehören zu den Entwicklungsaufgaben von Jugendlichen, die wir in diesem Bereich durch eine besonders intensive Zusammenarbeit der Institutionen unterstützen wollen. Ich bin Senatorin Claudia Schilling ausgesprochen dankbar für ihr Engagement, das die Umsetzung in Bremerhaven in diesem Umfang überhaupt erst möglich macht.“
Der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Harry Götze, sieht in der neuen Einrichtung ebenfalls Chancen für eine noch bessere Zusammenarbeit: „Neben der intensiven Auseinandersetzung mit den Jugendlichen und Heranwachsenden ist es eben dieser enge behördliche und fachliche Austausch, der vor allem auch Verfahrensdauern verkürzt. Das ist wichtig, um nachhaltig etwas zu bewirken. Denn jede im Ansatz verhinderte kriminelle Karriere ist ein Erfolg. Wir erhoffen uns eine weitere Verfahrensverkürzung und wir verbinden Strafe und Hilfe mit dem Ziel, dass Jugendliche anschließend ein möglichst straffreies Leben führen können.“
Eingerichtet wird das Haus des Jugendrechts virtuell – also ohne „gemauerte Wände“. Gleichwohl sollen alle Beteiligten unter dem „Dach“ dieses gemeinsamen virtuellen Hauses zusammenarbeiten. Die neue Einrichtung erhält dazu eine feste Ansprechpartnerin: Eine erfahrene Kollegin aus dem Justizressort hat bereits ein Büro in Bremerhaven bezogen und fungiert dort sowohl als Anlaufstelle sowie als Koordinatorin und wird zudem im Zuge der Intensivierung der Zusammenarbeit entstehende neue, zusätzliche Aufgaben übernehmen, so dass für die übrigen Beteiligten möglichst keine Mehrarbeit entsteht. Finanziert werden das Projekt und die neue Personalstelle für zunächst zwei Jahre aus dem Etat der Senatorin für Justiz und Verfassung. Anschließend soll gemeinsam mit allen Beteiligten geprüft werden, ob tatsächlich über die bestehende gute Zusammenarbeit hinaus weitere Verbesserungen realisiert werden konnten.
„Erfahrungen aus anderen Bundesländern, in denen ebenfalls virtuelle Häuser des Jugendrechts eingerichtet wurden, machen dabei durchaus deutlich Hoffnung“, erklärt Schilling und wirft einen Blick in die Zukunft: „Wenn wir im Verlauf des Pilotprojekts in Bremerhaven feststellen, dass wir damit eine wirklich gute Ergänzung geschaffen haben, dann wäre sicherlich zu prüfen, ob sich das Ganze auch auf Bremen übertragen lässt. Insofern könnte das neue Haus des Jugendrechts in Bremerhaven durchaus Strahlkraft auf unser ganzes Bundesland entfalten.“