Corona hat die bayerische Justiz auch 2021 vor große Herausforderungen gestellt. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Der Rechtstaat kann keine Pause machen. Er muss immer funktionieren, und er hat auch unter Corona-Bedingungen gut funktioniert. Ich danke allen Justizangehörigen für ihren großen Einsatz. Gemeinsam konnten wir 2021 die durch Corona verursachten Herausforderungen gut bewältigen. Bayern hat 2021 wichtige Initiativen vorangebracht.“

Bayerische Initiativen in Berlin erfolgreich

  • Härtere Strafen für Stalker: Auf Initiative Bayerns hat die Justizministerkonferenz im Herbst 2020 eine Verschärfung des Stalking-Straftatbestands gefordert. Der Bundesgesetzgeber hat diese Forderung mit dem am 1. Oktober 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur effektiveren Bekämpfung von Stalking umgesetzt. Aufgegriffen wurde auch die langjährige bayerische Forderung nach höheren Strafen für Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz. Das Justizministerium fördert zudem seit Oktober ein Forschungsprojekt der Katholischen Stiftungshochschule München zur häuslichen Gewalt.
  • Verbesserung des Schutzes von Kindern vor Missbrauch: Das zum
    1. Juli 2021 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder setzt u. a. die langjährige bayerische Forderung nach einer Aufstufung der Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einem Verbrechen um. Außerdem werden die Strafen für den Umgang mit Kinderpornographie deutlich verschärft. Eisenreich: „Kindesmissbrauch ist ein abscheuliches Verbrechen. Es ist die Aufgabe des Staates, Kinder bestmöglich zu schützen.“
  • Schärfere Regeln für Freier: Freier können leichter rechtlich für das Leid von Prostituierten zur Verantwortung gezogen werden. Die Gesetzesverschärfung wurde im Juni 2021 in Berlin beschlossen. Eisenreich: „Bayern hat sich dafür eingesetzt. Künftig macht sich ein Freier bereits strafbar, wenn er Hinweise auf Zwangsprostitution leichtfertig verkennt, z. B. wegen erkennbarer Verletzungen bei einer Prostituierten.“ Bei der Staatsanwaltschaft München I wurde zudem eine Spezialabteilung zur Bekämpfung von Menschenhandel und Zwangsprostitution eingerichtet.
  • Das Betreiben von Plattformen für den illegalen Handel mit Drogen oder Waffen im Netz ist seit Oktober 2021 strafbar. Eisenreich: „Das Gesetz geht auf eine Initiative von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen zurück. Allerdings vermisse ich eine Spezialregelung für die Betreiber von Kinderpornografie-Foren. Ich fordere hier eine Mindeststrafe von drei Jahren.“
  • Spezielle Kronzeugenregelung seit Oktober 2021 im Anti-Doping Gesetz: Auch hier hat sich eine langjährige bayerische Forderung durchgesetzt. Eisenreich: „Mit der neuen Kronzeugenregelung wird der Kampf gegen Doping im Spitzensport weiter verschärft. Sportlerinnen und Sportler erhalten jetzt einen Anreiz, ihr Wissen über Strukturen, Netzwerke und Hinterleute zu teilen. So werden Ermittlungen in diesem abgeschotteten Bereich erleichtert.“
  • Klarere Regeln für Legal-Tech-Plattformen: Der Bundesrat hat im Juni 2021 das Legal-Tech-Gesetz verabschiedet. Zuvor hatte die Justizministerkonferenz den Bund auf Initiative Bayerns aufgefordert, Rechtssicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen in diesem Bereich zu schaffen. Eisenreich: „Legal-Tech-Plattformen können Zeit und Kosten sparen und den Zugang zum Recht erleichtern. Durch das Gesetz werden die Anforderungen an die Plattformen klarer geregelt. Das begrüße ich. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein.“
  • Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts: 2021 wurde die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts auf den Weg gebracht – und dabei viele Vorschläge aus Bayern aufgegriffen. Eisenreich: „Ab 2023 wird das Selbstbestimmungsrecht der Betreuten gestärkt. Ich werde mich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Wunsch und Wille der Betroffenen im Mittelpunkt stehen.“ Das Justizministerium hat zudem einen Ausbildungsfilm zu diesem Thema herausgebracht (kostenlos abrufbar unter www.justiz.bayern.de/service/rechtlicheBetreuung/).
  • Erhalt der bewährten Strukturen bei den Insolvenzgerichten: Im Rahmen des neuen Restrukturierungsrechts hat sich Bayern erfolgreich gegen eine weitere Konzentration und den damit verbundenen Abbau von ortsnahen Insolvenzgerichten eingesetzt.
  • Umfassende Reform des Stiftungsrechts: Mit dem im Juni 2021 beschlossenen Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts wurde den Stiftungen für ihre gesellschaftlich bedeutsame Arbeit ein übersichtlicher und praktikabler Rechtsrahmen zur Verfügung gestellt und der Stiftungsstandort Deutschland insgesamt deutlich gestärkt. Bayern hat den Grundstein dazu durch seine Arbeit in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit gelegt.

Bayerische Initiativen bei der Justizministerkonferenz erfolgreich

Bei der Konferenz der Justizministerinnen und -minister im Frühjahr und im Herbst 2021 haben jeweils alle bayerischen Vorschläge eine Mehrheit gefunden, u. a. Initiativen für härtere Strafen bei Cybercrime, bei Angriffen auf Verfassungsorgane, bei strafbaren Deepfakes und Rachepornos, für höhere Strafrahmen bei Beleidigungen mit antisemitischem oder rassistischen Hintergrund, für die rechtssichere Erfassung von Messengern wie Telegram durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, für eine konsequente Plattformregulierung in Europa ohne Rückschritte hinter das in Deutschland erreichte Schutzniveau im Kampf gegen strafbare Posts, für besseren Schutz älterer Menschen vor Vermögenskriminalität und einem Missbrauch von Vorsorgevollmachten, für die Verpflichtung großer Internetkonzerne datensparsame Vertragsgestaltungen anzubieten sowie Initiativen für den Zivilprozess der Zukunft und für mehr Rechtssicherheit bei Naturkatastrophen. Eisenreich: „Ich freue mich, dass unsere Vorschläge überzeugen konnten. Jetzt ist die neue Bundesregierung gefordert, sie umzusetzen.“

Schlagkräftige Ermittlungsstrukturen weiter optimiert

Bayerns Ermittlungsstrukturen sind schlagkräftig. Durch weitere Schwerpunktsetzungen konnten sie in diesem Jahr noch weiter optimiert werden.

  • Kampf gegen Antisemitismus. Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz einen Zentralen Antisemitismus-Beauftragten. Oberstaatsanwalt Andreas Franck ist Deutschlands erster Spezialstaatsanwalt zur Bekämpfung judenfeindlicher Straftaten. Eisenreich: „Die bayerische Justiz duldet keine Angriffe auf Jüdinnen und Juden. Mit dem Zentralen Antisemitismus-Beauftragten geben wir der bayerischen Justiz im Kampf gegen Judenhass ein Gesicht. Er ist bayernweit für Verfahren mit besonderer Bedeutung zuständig.“ Seit dem vergangenen Jahr gibt es zudem ein neues Online-Meldeverfahren für antisemitische Online-Straftaten – eine Kooperation mit der „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“ Bayern (RIAS Bayern).
  • Kampf gegen Kinderpornografie. Nach der Errichtung des „Zentrums zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet“ (ZKI) im Herbst 2020 und der damit verbundenen Verdoppelung der personellen Kapazitäten von bislang vier auf acht Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) konnten Bayerns Ermittler den Verfolgungsdruck auf Betreiber und Nutzer von Darknet-Plattformen weiter erhöhen. Eisenreich: „Allein bis November 2021 wurden beim ZKI 2.728 Verfahren erfasst. Im Jahr 2020 waren es noch 1.122 Verfahren.“ Auch Prävention ist ein zentraler Bestandteil des bayerischen Schutzkonzepts für Kinder. Das Projekt „Kein-Täter-werden-Bayern“ richtet sich an Personen mit pädophilen Neigungen und unterstützt sie mit Therapieangeboten dabei, kein Täter zu werden. Das Projekt gibt es in Bamberg, seit 2021 in München und wieder in Regensburg.
  • Grenzüberschreitend gegen Organisierte Kriminalität: Schleuser, Drogendealer und Callcenter-Betrüger: Bayern hat seine Schlagkraft gegen das organisierte Verbrechen weiter erhöht und inzwischen das sogenannte „Traunsteiner Modell“ erfolgreich bei allen grenznahen Staatsanwaltschaften eingeführt. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Damit haben wir unseren Auftrag aus dem Koalitionsvertrag schon jetzt erfüllt. Kriminelle haben ihre Methoden an das digitale Zeitalter angepasst und machen vor Ländergrenzen nicht Halt. Aber auch die Justiz hat ihre Schlagkraft erhöht und arbeitet eng mit Ermittlern aus dem Ausland zusammen.“
  • Spezialeinheit im Gesundheitssektor: Seit September 2020 nimmt die „Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen“ (ZKG) bayernweit schwarze Schafe unter den Ärzten und Pflegediensten ins Visier. Die ZKG hat bis Ende November 2021 bereits 254 Verfahren übernommen und 197 Verfahren selbst eingeleitet. Seit Juni 2021 übernimmt die ZKG auch alle Abrechnungs-Betrugsfälle im Zusammenhang mit Corona-Schnelltests. Zum 1. Oktober 2021 hat die ZKG ein neues internetbasiertes Hinweisgebersystem für Korruptionsfälle im Gesundheitswesen eingeführt. Eisenreich: „Mit der ZKG wollen wir das bayerische Gesundheitssystem vor Straftätern schützen.“

Digitaloffensive der bayerischen Justiz

  • Digitalisierung und E-Justice. Der elektronische Rechtsverkehr ist bei allen bayerischen Gerichten eingeführt. Zudem haben seit Juli 2021 alle 99 bayerischen Gerichte Zugang zu einer Videokonferenzanlage. Daneben setzt die Justiz auf ein Videokonferenz-Tool, das bayernweit freigegeben wurde. Tausende Prozesse in Bayern werden inzwischen digital geführt. Ob sich ein Verfahren für eine Videoverhandlung anbietet, entscheiden die Richterinnen und Richter unabhängig.
  • Einführung der E-Akte: Bis 2026 muss die elektronische Akte deutschlandweit eingeführt sein. In Bayern müssen 127 Standorte mit etwa 15.000 Arbeitsplätzen mit der E-Akte ausgestattet werden. Bei den Landgerichten hat die Regeleinführung in Zivilsachen begonnen. Seit Ende des vergangenen Jahres setzt bereits die Hälfte der Landgerichte die E-Akte ein. Bis heute wurden bereits über 56.000 Verfahren elektronisch geführt.
  • Initiative #digitale justiz: Die Bayerische Justiz entwickelt gemeinsam Ziele für ihre Gerichte und Behörden. Seit Oktober 2021 gibt es deshalb Regionalkonferenzen an mehr als 20 Standorten. Eisenreich: „Unser Anspruch ist, dass die Justiz digital arbeitet und menschlich handelt.“
  • Grenzüberschreitendes Verhandeln in der EU: Die Justizministerkonferenz hat auf bayerische Initiative hin den Bund aufgefordert, sich innerhalb der EU für die Schaffung einer umfassenden Rechtsgrundlage einzusetzen, damit auch über Ländergrenzen hinweg per Videokonferenz verhandelt werden kann.

Die bayerische Justiz setzt sich für Mieter ein

  • Im Dezember hat der Ministerrat den Neuerlass der Mieterschutzverordnung beschlossen, um einen lückenlosen Mieterschutz in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sicherzustellen. Die Mietpreisbremse gilt ab Januar 2022 in 203 bayerischen Städten und Gemeinden. Bayern setzt sich darüber hinaus weiter für höhere Bußgelder bei Mietwucher ein.
  • Justizminister Eisenreich hat sich zudem mit Bauministerin Kerstin Schreyer für ein Mieterhöhungsverbot für drei Jahre nach einer Wohnungsveräußerung in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten eingesetzt.

Die Justiz hilft den Kommunen

  • Aufgrund besonderer Haushaltsmittel des Landtags konnte das Justizministerium einen Leitfaden zur Verkehrssicherungspflicht an Badegewässern herausgeben, der von einem renommierten Experten erarbeitet wurde und vor allem den Menschen eine Hilfestellung geben soll, die in den Kommunen Verantwortung tragen.

Stellenausbau

  • Personelle Verstärkung: Bayerns Gerichte und Staatsanwaltschaften sind sehr leistungsfähig. Doch die Aufgaben und damit auch die Herausforderungen der etwa 3.300 Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wachsen. Um die Justiz z. B. bei der Bewältigung von Massenklagen zu entlasten, sind zwischen 2013 und 2021 insgesamt 430 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen worden. In diesem Jahr sollen Justiz und Justizvollzug sowie der IT-Betrieb der Justiz nach Beschluss der Staatsregierung um weitere 120 Stellen in verschiedenen Funktionsbereichen verstärkt werden.

Die bayerische Justiz setzt sich für Reformen zur Bewältigung von

Massenverfahren durch die Zivilgerichte ein

  • Neben personellen und organisatorischen Maßnahmen setzt sich Bayern auch rechtspolitisch für die Entlastung von Gerichten bei Massenverfahren (z. B. Dieselklagen) ein. Deshalb hat die Justizministerkonferenz den Bundesgesetzgeber auf bayerische Initiative aufgefordert, ein umfassendes Reformpaket zur Bewältigung zivilgerichtlicher Massenverfahren zu verabschieden.

Die bayerische Justiz investiert in Sicherheit und Infrastruktur

  • Der Haushaltsausschuss gab im Dezember vergangenen Jahres grünes Licht für zwei neue Gebäude auf dem Gelände der 150 Jahre alten JVA Nürnberg und für die Projektunterlage zur Planung für den Bau eins neuen Gefängnisses im oberfränkischen Marktredwitz. In Schweinfurt steht seit Oktober 2021 der Rohbau für das neue Justizzentrum. Ebenfalls im Oktober wurde in Hof eine neue Abschiebungshafteinrichtung mit 150 Plätzen in Betrieb genommen.

Die bayerische Justiz übernimmt historische Verantwortung

  • Im Mai 2021 gab Minister Eisenreich den Startschuss für die Neugestaltung des Weiße-Rose-Saals im Münchner Justizpalast. In dem Saal fand am 19. April 1943 der zweite Prozess gegen die weiteren Mitglieder der Widerstandsgruppe um Sophie Scholl statt. Eisenreich: „Wir wollen an die Opfer des NS-Regimes erinnern und gleichzeitig die menschenverachtende Pervertierung des Rechtsstaats durch die NS-Justiz darstellen.“
  • Der Verlag C.H. Beck hat Ende Juli 2021 angekündigt, juristische Standardwerke von Namensgeberndie in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt haben, umzubenennen („Palandt“, „Schönfelder“, „Maunz/Dürig“). Justizminister Eisenreich hatte sich zuvor über Monate vertrauensvoll mit dem Verlag C.H. Beck ausgetauscht. Eisenreich: „Das ist eine bedeutsame Entscheidung. Die Umbenennung war notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten.“

Die bayerische Justiz setzt sich für Kinder und Jugendliche ein

  • Gewaltvideos, Hakenkreuze und Kinderpornografie: Staatsanwaltschaften werden immer häufiger mit solchen Inhalten auf Schülerhandys konfrontiert. Um Kinder und Jugendliche für das Thema zu sensibilisieren, hat das Justizministerium gemeinsam mit dem Kultusministerium und dem bekannten Influencer Falco Punch die Kampagne „Mach dein Handy nicht zur Waffe“ entwickelt. Sie wurde im Jahr 2021 landesweit an Schulen und Gerichten präsentiert. Und sie wurde im Dezember bei den Awards 2021 des renommierten Medienbranchenverbands Eyes & Ears mit vier Preisen (zweimal Gold, einmal Silber, einmal Bronze) ausgezeichnet. Bei einem interaktiven Online-Event im Oktober, an dem über 2.500 Personen teilnahmen, wurden auch Eltern und Lehrer über dieses wichtige Thema informiert und sensibilisiert.
  • Im Juli 2021 stellte Minister Eisenreich das bayernweit zwölfte Schülergericht – den Munich Teen Court – im Erasmus-Grasser-Gymnasium München der Öffentlichkeit vor. Eisenreich: „Schülergerichte sind ein bayerisches Erfolgsmodell. Seit mehr als 20 Jahren ermöglichen wir zusammen mit den jungen Menschen, dass ein Dialog auf Augenhöhe stattfinden und gemeinsam eine Sanktion erarbeitet werden kann.“

Justizminister Eisenreich: „2021 hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt. Die bayerische Justiz hat wieder einmal gezeigt, dass auf sie Verlass ist. Dafür möchte ich mich von Herzen bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken.“

Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 11. Januar 2022

Cookie Consent mit Real Cookie Banner