Nach dem heutigen Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts darf das Volksbegehren „Rettet Hamburgs Grün – Klimaschutz jetzt!“ nicht durchgeführt werden. Der Entscheidung des Gerichts zufolge ist die Vorlage der Volksinitiative mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Das Begehren sei darauf gerichtet, die Ausweisung neuer Baugebiete auf größeren Grün- und Landwirtschaftsflächen in Hamburg und damit bestimmte Festsetzungen in Bebauungsplänen generell auszuschließen. Das sei mit Bundesrecht nicht in Einklang zu bringen, denn danach müsse bei der Bauleitplanung eine gerechte Abwägung aller privaten und öffentlichen Belange stattfinden. Die Umsetzung der Vorlage würde demgegenüber unter Ausschluss dieser Abwägung bedeuten, dem Erhalt von Grün- und Landwirtschaftsflächen in Hamburg unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen einzuräumen.
Auf Antrag des Senats hatte das Verfassungsgericht über die Durchführung des Volksbegehrens zu entscheiden. Dessen Grundlage ist die Volksinitiative „Rettet Hamburgs Grün – Klimaschutz jetzt!“, die ab September 2021 Unterschriften für eine Vorlage gesammelt hat, nach der „Senat und Bürgerschaft … unverzüglich alle notwendigen Schritte [unternehmen], damit in großflächigen Grün- und Landwirtschaftsflächen in Hamburg keine neuen Baugebiete durch Bebauungspläne ausgewiesen werden.“ Die Initiative kam Ende 2021 mit den Unterschriften von mehr als 10.000 Wahlberechtigten zustande. Die Hamburgische Bürgerschaft, die sich mit dem Anliegen anschließend zu befassen hatte, verabschiedete keinen der Vorlage entsprechenden Beschluss. Die Initiatoren und Initiatorinnen beantragten im Mai 2022, ein Volksbegehren durchzuführen, woraufhin der Senat das Hamburgische Verfassungsgericht mit dem Feststellungsziel angerufen hat, dass das Volksbegehren nicht durchzuführen sei.
Nach der heutigen Entscheidung des Verfassungsgerichts ist die Vorlage der Volksinitiative mit den bundesrechtlichen Vorgaben für die Bauleitplanung in den Ländern nicht in Einklang zu bringen. Diese Vorgaben seien als sonstiges höherrangiges Recht in die verfassungsgerichtliche Überprüfung der Vorlage einzubeziehen. Nach dem Baugesetzbuch sind für die Bauleitplanung bestimmte Instrumente und Verfahren für die Plangeber in den Bundesländern zwingend vorgeschrieben. Dazu gehört das sog. Abwägungsgebot, nach dem bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Hiervon umfasst sind beispielsweise die Wohnbedürfnisse und die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, Belange des Umwelt- und Naturschutzes, der Wirtschaft, der Verkehrsanbindung und der Infrastruktur.
Nach Auffassung des Gerichts stellt sich das Ziel der Vorlage, die Ausweisung neuer Baugebiete für bestimmte Flächen generell auszuschließen, als Vorabfestlegung späterer Bauleitplanung und damit als eine Vorwegnahme bebauungsplanerischer Entscheidungen über die Nichtfestsetzungen von Baugebieten in den betroffenen Bereichen dar. Anders als die Initiative geltend mache, beschränke die Vorlage sich nicht auf die Entscheidung, einen bestimmten Bebauungsplan nicht aufzustellen, da sie nicht jegliches, sondern nur ein bestimmtes bebauungsplanerisches Tätigwerden ausschließe. Von einem bloßen städtebaulichen Konzept unterscheide die Vorlage sich wegen der von ihr bezweckten Verbindlichkeit für die künftige Bebauungsplanung im Hamburger Stadtgebiet. Denn anders als von der Vorlage beabsichtigt, wäre ein städtebauliches Konzept lediglich ein abwägungsrelevanter Belang unter vielen, würde aber keine strikte Bindung für spätere Planverfahren entfalten.
Begreife man den Gegenstand der Vorlage als eine teilweise vorweggenommene Entscheidung für die Bauleitplanung, werde sie den Anforderungen des Abwägungsgebots nicht gerecht. Sie erfasse eine Vielzahl unterschiedlicher, im Wesentlichen abstrakt bestimmter Flächen im gesamten Hamburger Stadtgebiet und schließe für diese im Rahmen jedweder künftiger Bebauungsplanung mögliche Festsetzungen aus, obwohl die jeweils maßgeblichen Belange im Einzelnen noch gar nicht bekannt seien und auch gar nicht bekannt sein könnten.
(c) Verfassungsgericht Hamburg, 08.12.2023