Vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht findet am 5. Juli 2024 die mündliche Verhandlung im Verfahren zu dem Volksbegehren „Hamburg Werbefrei“ statt. Auf Antrag des Senats hat das Gericht über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit und damit über die Durchführung des Volksbegehrens zu entscheiden.

Ausgangspunkt des Verfahrens ist die Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“, die eine Neufassung der in der Hamburgischen Bauordnung enthaltenen Regelungen zu Werbeanlagen zum Gegenstand hat. Sie verfolgt das Ziel, „ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gestalterischen Aspekten, dem Informationsinteresse der Bevölkerung und den Interessen der Wirtschaft an der Wahrnehmbarkeit im öffentlichen Raum herzustellen“. Neben der Reduzierung von Werbeanlagen sollen hierfür „gestalterische Vorgaben für Werbeanlagen zwecks stadtbild-verträglicher Integration und Vermeidung optischer Dominanz von Werbung im Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild“ gemacht und digitale Werbeanlagen und Wechsellichtanlagen grundsätzlich verboten werden. Die Volksinitiative kam Ende des Jahres 2022 zustande. Die Hamburgische Bürgerschaft, die sich mit dem Anliegen anschließend zu befassen hatte, verabschiedete das beantragte Gesetz nicht. Die Initiatoren und Initiatorinnen beantragten daraufhin imFebruar 2023, ein Volksbegehren durchzuführen und reichten eine überarbeitete Fassung des Gesetzentwurfs ein, woraufhin der Senat das Hamburgische Verfassungsgericht mit dem Feststellungsziel angerufen hat, dass das Volksbegehren nicht durchzuführen sei.

Der Senat beanstandet, dass die beabsichtige Vorlage mit höherrangigem Recht unvereinbar sei und die Grenzen der Hamburgischen Verfassung nicht wahre.

Der Gesetzentwurf sei insbesondere nicht mit den Grundrechten der betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, aber auch nicht mit der Berufsfreiheit, der Meinungsfreiheit sowie mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Zudem enthalte der Gesetzentwurf eine Reihe unbestimmter Regelungen und verstoße gegen den Grundsatz der Abstimmungsklarheit. Die komplexe Systematik des Gesetzentwurfs verschleiere seine Bedeutung und Tragweite. Auch mit dem Haushaltsvorbehalt stehe er nicht in Einklang. Bei Inkrafttreten des angestrebten Gesetzes käme es zu einer Beeinträchtigung des Gesamthaushalts durch eine dauerhafte Reduktion jährlicher Einnahmen sowie zusätzlicher Finanzierungsbedarfe in Höhe von etwa 68,7 Mio. Euro pro Jahr.

Die Initiatorinnen und Initiatoren vertreten demgegenüber die Ansicht, die Volksinitiative sei zulässig. Der Gesetzentwurf enthalte verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums und sei auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Zunahme von insbesondere großformatigen und digitalisierten Werbeanlagen führe zu einer optischen Dominanz von Werbung im Stadtbild. Diese wirke sich negativ auf das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild sowie die architektonische und städtebauliche Gestaltung aus. Die mit dem Gesetzentwurf bezweckte Einschränkung von Außenwerbung diene durch die Vermeidung von Ablenkung im Straßenverkehr zudem gefahrenabwehrrechtlichen Aspekten und lasse nachhaltige positive Effekte für die Umwelt, das Klima und die Gesundheit erwarten. Die angestrebten Regelungen seien hinreichend klar und bestimmt und der Haushaltsvorbehalt nicht berührt. Die vom Senat mit Bezug auf die vorgeschlagene Neuregelung von Werbeanlagen prognostizierten Mindereinnahmen in Höhe von etwa 0,37 Prozent des Haushaltsvolumens seien schon ihrem Umfang nach nicht geeignet, das parlamentarische Budgetrecht wesentlich einzuschränken.

Selbst wenn man von der Unzulässigkeit einzelner Regelungen ausginge, komme aus Sicht der Initiatorinnen und Initiatoren jedenfalls eine teilweise Durchführung des Volksbegehrens in Betracht.

(c) Hamburgisches Verfassungsgericht, 03.07.2024

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