Die ZKG bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat wegen des Vorwurfs des bandenmäßigen Betrugs beim Betrieb eines ambulanten Pflegedienstes in Würzburg und Kitzingen gegen zwei Männer (56, 26 Jahre) und eine Frau (47 Jahre) Anklage zum Landgericht Nürnberg-Fürth erhoben. Schaden für die Krankenkassen laut Anklageschrift: Über 4,7 Millionen Euro.
Die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) geht aufgrund ihrer Ermittlungen davon aus, dass die drei Angeschuldigten als Betreiber des Pflegedienstes Leistungen zur Versorgung von Patienten mit häuslicher Krankenpflege und mit ambulanten Pflegeleistungen ohne die gesetzlich vorgeschriebene und fachlich besonders qualifizierte „Verantwortliche Pflegefachkraft“ erbracht haben. Die Verantwortliche Pflegefachkraft eines Pflegedienstes hat allgemein u. a. die Aufgabe, die Pflegequalität zu sichern und Pflegemängel durch eine angemessene Organisation und Kontrolle der Pflegeprozesse zu vermeiden. Wegen des Fehlens dieser Fachkraft soll es den Angeschuldigten möglich gewesen sein, die Dokumentation der Leistungen nach eigenem Ermessen zu ändern, um nicht erbrachte Leistungen vorzutäuschen und die Qualität der Leistungen des Pflegedienstes auf ein Minimum zu reduzieren.
Zunächst sollen die beiden älteren, miteinander verheirateten Angeschuldigten allein gehandelt haben. Ab September 2017 soll deren Sohn, der dritte Angeschuldigte, als Bürokraft angestellt und zumindest ab Januar 2018 an der Organisation des Pflegedienstes und den angeklagten Taten beteiligt gewesen sein. Nach Auffassung der ZKG lag damit zumindest ab Januar 2018 eine Bande im Sinne des Strafgesetzbuchs vor. Mit den Erlösen sollen die Angeschuldigten unter anderem den luxuriösen Lebensunterhalt der Familie bestritten haben.
Die Angeschuldigten sollen im nicht verjährten Zeitraum Januar 2018 bis September 2022 Leistungen zu Unrecht abgerechnet haben, da die Pflegeleistungen mangels Verantwortlicher Pflegefachkraft nach den sozialrechtlichen Vorgaben überhaupt nicht abrechenbar waren. So sollen sie vor allem von der AOK Bayern, aber auch von anderen Kranken- und Pflegekassen Auszahlungen in Höhe von insgesamt knapp 3,5 Millionen Euro unberechtigt erhalten haben.
Darüber hinaus soll das Ehepaar vor 2018 weitere über 1,2 Millionen Euro unberechtigt erhalten haben. Insoweit wurde das Verfahren hauptsächlich wegen Verjährung eingestellt, teilweise auch zur Verfahrensvereinfachung wegen fehlender Relevanz für die zu erwartende Strafe.
Deshalb strebt die ZKG die Einziehung dieser insgesamt gut 4,7 Millionen Euro im Rahmen der Hauptverhandlung an. Dies ist nach Auffassung der ZKG auch möglich, soweit das Verfahren eingestellt wurde. Zur Sicherung des Einziehungsbetrags wurden bereits Hypotheken in sieben bebaute Grundstücke eingetragen. Darüber hinaus wurden Vermögenswerte von über 1,6 Millionen € – ohne die Grundstücke – gesichert. Welcher Betrag durch die Hypotheken erlöst werden kann, ist noch nicht abschätzbar.
DieAngeschuldigten befinden sich wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr weiterhin in Haft.
Strafbar gemacht haben sollen sich die Angeschuldigten wegen Bandenbetrugs in 1022 Fällen.
In Gang gekommen waren die Ermittlungen aufgrund eines anonymen Hinweises im webbasierten Hinweisgebersystem der ZKG, https://www.bkms-system.com/ZKG . Über dieses nimmt die ZKG Hinweise auf Straftaten entgegen. Das System bietet die technische Möglichkeit, unter Gewährleistung der Anonymität des Anzeigeerstatters mit diesem zu kommunizieren, was eine wesentlich bessere Einschätzung und Bewertung des geschilderten Sachverhalts ermöglicht.
Im Ermittlungsverfahren, das in enger Zusammenarbeit mit dem Fachkommissariat K3 der Kriminalpolizeiinspektion Würzburg geführt wurde, räumte die Angeschuldigte den äußeren Sachverhalt teilweise ein. Die beiden anderen Angeschuldigten haben sich zum Tatvorwurf nicht geäußert.
Etwaige Körperverletzungsdelikte waren nicht Gegenstand des Ermittlungsverfahrens der ZKG. Insoweit ermittelt die Staatsanwaltschaft Würzburg.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Angeschuldigten bis zu einer etwaigen rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gelten.
Über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens muss jetzt das Landgericht Nürnberg-Fürth entscheiden, das bayernweit für solche Verfahren zuständig ist.
Quelle: Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg, Pressemitteilung vom 11. April 2023