Bei den Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein wurden 2022 insgesamt 319.353 Ermittlungsverfahren registriert.
Nach dem Ende der pandemiebedingt einzuhaltenden Beschränkungen ist die Zahl der Ermittlungsverfahren im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um fast 40.000 angestiegen. Das entspricht einer Zunahme von knapp 14%. Damit bewegt sich die Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren und damit zugleich die Anzahl der Bekanntsachen auf dem höchs-ten Niveau seit über 10 Jahren. Die enorme Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaften in Schleswig-Holstein wird zusätzlich gesteigert durch die in diversen Bereichen erforderliche Auswertung riesiger Datenmengen und die in allen Bereichen zunehmende Vielschichtigkeit der Sachverhalte angesichts des Tatmittels „Internet“ sowie der oftmals bundesweit oder gar international agierenden Täter und Tätergruppen. Die Staatsanwaltschaften des Landes sind mit all ihren personellen und technischen Ressourcen bis an die Grenzen des Leistbaren gefordert.
Die Anzahl der Gewaltdelikte, die 2021 so niedrig war, wie seit fast 20 Jahren nicht mehr, ist 2022 um gut 13% auf insgesamt 23.246 angestiegen und bewegt sich damit an-nähernd wieder auf dem Niveau früherer Jahre. Auch die Anzahl jugendlicher und heranwachsender Beschuldigter ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, bewegt sich im langjährigen Vergleich insgesamt noch auf einem eher niedrigen Niveau.
Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei den Wohnungseinbruchsdiebstählen, bei denen nach den historisch niedrigen Fallzahlen im Jahr 2021 für das Jahr 2022 eine Zunahme von gut 30% zu verzeichnen ist. Dennoch wird das Niveau der Jahre 2020 und davor nicht wieder erreicht, weil auch während und nach den pandemiebedingten Einschränkungen der letzten Jahre die konstruktiv gestaltete intensive Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei zur gezielten Bekämpfung dieses Deliktsfelds erfolgreich fortgeführt worden ist.
Ungeachtet der Aufhebung von Lockdown und Kontaktbeschränkungen haben aber auch die Verfahren im Bereich der Cyberkriminalität weiter zugenommen. Computer, Laptop, Tablets und Smartphones sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und werden in stetig zunehmendem Maße auch zur Begehung von Straftaten genutzt. Insoweit wurden im Jahr 2022 insgesamt 12.865 Verfahren – das entspricht einer Zunahme von knapp 13% gegenüber dem Vorjahr – gezählt, bei denen allein die unmittelbare Datenbeschädigung oder -veränderung Gegenstand der Tat war.
Seniorenschutzdezernat – Verfolgung von Telefon- und WhatsApp-Betrug
Ein unverzichtbarer Teil der Strategien und Projekte der Staatsanwaltschaften ist seit Jahren das sog. Seniorenschutzdezernat. Seit 2018 wird bei den Staatsanwaltschaften in diesen Abteilungen eine stetige Zunahme der Anzahl von Verfahren registriert, die eine Straftat zum Nachteil älterer Menschen zum Gegenstand haben. Für das Jahr 2022 wurden insgesamt 1.894 Verfahren in den Sonderdezernaten erfasst. Das entspricht einer Zunahme von über 50% in den letzten 5 Jahren. Insbesondere in die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen Betrugstaten durch falsche Polizeibeamte, aber vor allem auch im Bereich der sog. Deliktsfelder „Schockanrufe“ und „Enkeltrick“ – unter vermehrter Nutzung der Kommunikationsplattform WhatsApp – waren die Sonderdezernentinnen und Sonderdezernenten der Staatsanwaltschaften im letzten Jahr intensiv eingebunden. Da-bei konnten trotz organisierter Strukturen und internationaler Bezüge die Täter nicht selten ermittelt, angeklagt und verurteilt werden.
Kinderpornographie
Ein erheblicher Anstieg der Verfahrenszahlen ist 2022 außerdem im Bereich der Kinderpornographie festzustellen. Insoweit nimmt insbesondere der Anteil der Verfahren, die im Zusammenhang mit der Nutzung von Informationstechnologie (Internet und soziale Medien) stehen, und damit das Ausmaß der im Rahmen der Ermittlungen auszuwertenden Datenmengen kontinuierlich zu. Für die Bewältigung des Arbeitsanfalls sind im letzten Jahr auf der Leitungsebene von Polizei und Staatsanwaltschaft gemeinsame Konzepte zur rationellen Steuerung und Bearbeitung dieser Umfangverfahren erarbeitet worden.
Betäubungsmittelkriminalität
Im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität sind im Jahr 2022 zum wiederholten Mal über 15.000 Verfahren registriert worden, wobei nach wie vor ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Verfahren auf die von französischen Ermittlungsbehörden erhobenen Daten der mit Encrochat-Mobiltelefonen und der mittels SkyECC geführten Kommunikation zu-rückzuführen ist. Insoweit war das Jahr 2022 – wie schon die Vorjahre – geprägt von intensiven länderübergreifenden Ermittlungsmaßnahmen auf der Basis der entschlüsselten Handy-Daten des Anbieters Encrochat. Es konnten in einer Vielzahl von Fällen entsprechende Handelsstrukturen mit erheblichen Umsatzvolumen aufgedeckt und die jeweiligen Hauptbeschuldigten verhaftet, angeklagt und verurteilt werden.
Quelle: Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 4. April 2023