Die Bundesanwaltschaft hat am 3. Mai 2022 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Anklage gegen die deutsche Staatsangehörige Laura H. erhoben.
Gegen die Angeschuldigte besteht der hinreichende Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) und der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (§ 171 Var. 1 StGB). Darüber hinaus wird ihr ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Var. 8 AWG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission vom 28. Juni 2013) zur Last gelegt.
In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Die Angeschuldigte vertrat jedenfalls seit dem Jahr 2011 eine radikal-islamische Gesinnung. Spätestens im Frühjahr 2016 fasste sie den Entschluss, ihrem nach islamischem Ritus geehelichten Mann ins Herrschaftsgebiet des „Islamischen Staates“ (IS) nach Syrien zu folgen. Sie wollte sich dort ebenfalls dem IS anschließen und ein Leben nach den Regeln der Vereinigung führen. Im Mai 2016 reiste sie mit den beiden gemeinsamen Kindern aus der Bundesrepublik Deutschland aus und erreichte im Juni 2016 die syrische Stadt Raqqa. Dort unterwarf sich die Angeschuldigte der Organisations- und Befehlsstruktur des IS und lebte mit der Familie in einer teilweise von der Vereinigung finanzierten Wohnung. Sie führte den gemeinsamen Familienhaushalt und ermöglichte es so ihrem Ehemann, seiner Tätigkeit für den IS nachzugehen. Im Frühjahr 2017 war Laura H. gemeinsam mit ihrem Ehemann und einem weiteren IS-Mitglied eng in einen Geldtransfer von Deutschland ins Herrschaftsgebiet des IS eingebunden. Die drei Beteiligten wollten mit der transferierten Summe in Höhe von insgesamt etwa 27.000 Euro ihren Lebensunterhalt bestreiten und ihre weitere mitgliedschaftliche Betätigung für den IS sichern. In Syrien wurde das Geld von der Angeschuldigten und ihrem Ehemann in Empfang genommen. Laura H. behielt einen Teilbetrag in Höhe von 2.600 Euro, der von ihr selbst stammte, und übergab den Restbetrag an das weitere bei dem Transfer beteiligte IS-Mitglied. Darüber hinaus nahm die Angeschuldigte an einem „Kurs der Glaubenslehre“ teil und informierte sich über die sogenannte „Katiba Nusaiba“, eine Kampfeinheit der Terrororganisation mit ausschließlich weiblichen Mitgliedern.
Als die Angriffe der Anti-IS-Koalition zunahmen, floh die Familie im April 2017 aus Raqqa. Bei einem Bombenangriff wurde der Ehemann getötet, die Kinder blieben nur durch einen Zufall unverletzt. Daraufhin zog die Angeschuldigte mit den Kindern für einige Monate in ein Witwenhaus des IS. Anschließend ließ sie sich im Osten des Landes nieder und heiratete nach islamischem Ritus einen weiteren IS-Kämpfer. Ende des Jahres 2018 wurde sie von kurdischen Kräften in Gewahrsam genommen und mit ihren Kindern in ein Lager im Nordosten verbracht, in dem sie sich bis zu ihrer Ausreise im November 2019 aufhielt.
Die Angeschuldigte befindet sich auf freiem Fuß.
Quelle: Generalbundesanwalt, Pressemitteilung vom 17. Mai 2022