Der 9. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hatte in  dem Rechtsstreit 9 K 28/23 zu entscheiden, ob Prozesskosten im Zusammenhang mit  der drohenden Rückabwicklung der unentgeltlichen Übertragung eines  Forstbetriebs als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. 

Der Kläger hatte im Jahr 2015 u.a. einen  Forstbetrieb gegen Altenteilleistungen übertragen bekommen. In der Folge  beendete der Kläger seine Angestelltentätigkeit für den Betrieb und führte  diesen als Selbständiger fort. Im selben Jahr forderte die Übergeberin sodann  gerichtlich die Rückübertragung des Betriebs bzw. die Grundbuchberichtigung,  weil sie bei Übertragung demenzbedingt geschäftsunfähig gewesen sei. Hiergegen setzte sich der Kläger vor den Zivilgerichten zur Wehr. Die entstandenen  Prozesskosten machte der Kläger als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) den Abzug von  Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen im weiten Umfang zugelassen  hatte (BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl. II  2011, 1015), hat der Gesetzgeber in § 33 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ein umfassendes  Abzugsverbot für Prozesskosten statuiert. Danach sind Zivilprozesskosten nur  ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn der  Steuerpflichtige ohne diese Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren  und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr  befriedigen zu können.

Das Finanzgericht bejahte diese Voraussetzungen im Streitfall und gab  der Klage statt. Der Kläger habe seine lebensnotwendigen Bedürfnisse ganz überwiegend aus den Erträgen des von der Rückübertragung bedrohten  Forstbetriebs bestritten. Aus der maßgeblichen Sicht des Jahres der Inanspruchnahme wären dem Kläger im Falle des Erfolges des  Rückübertragungsverlangens übrige Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags verblieben. Die Berührung des steuerlichen Existenzminimums erfülle jedenfalls  den Tatbestand der Gefahr für die Existenzgrundlage und die Bedürfnisbefriedigung im üblichen Rahmen.

Dem drohenden Verlust der Existenzgrundlage stehe auch nicht  entgegen, dass der Kläger im Falle der Verpflichtung zur Rückübertragung erneut  eine Angestelltentätigkeit hätte aufnehmen können. Der Verlust der  Existenzgrundlage erfordere keinen dauerhaften Verlust der materiellen Lebensgrundlage. Auch könne dem Kläger nicht entgegengehalten werden, im  Notfall die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme in Anspruch nehmen zu  können.

Urteil vom 15. Mai 2024 – 9 K 28/23 , Revision eingelegt; Az des BFH: VI R 22/24

(c) Finanzgericht Niedersachsen, 19.09.2024

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