Verdeckte Bareinlagen führen nicht allein deshalb zu Hinzuschätzungen von Betriebseinnahmen bei einer Kapitalgesellschaft, weil die Mittelherkunft beim Gesellschafter nicht aufklärbar ist. Dies hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 18. Mai 2022 (Az. 10 K 261/17 K,U) entschieden.
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb in den Streitjahren einen Großhandel und tätigte hierbei auch Barumsätze. Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt zum einen Aufzeichnungsmängel bei der Führung der offenen Ladenkasse der Klägerin fest. Zum anderen hatte der Alleingesellschafter Bareinlagen in die Kasse getätigt. Diese stammten nach dessen eigenen Angaben aus ihm persönlich gewährten Darlehen von verschiedenen Darlehensgebern und aus im Privatvermögen vorhandenen Barrücklagen aus nicht versteuerten Silberverkäufen in den neunziger Jahren. Die Betriebsprüfung führte unter Auswertung der privaten Konten des Alleingesellschafters und seiner Ehefrau Bargeldverkehrsrechnungen durch, die auch die Finanzierung privater Reihenhäuser berücksichtigte. Diese führten zu Höchstfehlbeträgen, die das Finanzamt als Mehreinnahmen der Klägerin und zugleich als verdeckte Gewinnausschüttungen an den Alleingesellschafter behandelte.
Der hiergegen erhobenen Klage hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster teilweise stattgegeben. Die beim Gesellschafter durchgeführten Bargeldverkehrsrechnungen begründeten keine Schätzungsbefugnis auf Ebene der GmbH. Grundsätzlich sei eine Bargeldverkehrsrechnung zwar eine geeignete Verprobungsmethode. Hieraus könne aber nicht zwangsläufig die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine Kapitalgesellschaft bei ungeklärten Vermögenszuwächsen ihres Gesellschafters nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt habe. Selbst wenn man unterstelle, dass die ungeklärten Vermögenszuwächse durch betriebliche Aktivitäten erzielt worden waren, sei es ebenso gut möglich, dass der Gesellschafter die Einnahmen im Rahmen von Eigengeschäften erzielt habe und nicht im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft. Aus dem Umstand, dass der Gesellschafter die Herkunft der bei ihm festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächse nicht aufkläre, könnten keine nachteiligen Schlüsse für die Kapitalgesellschaft gezogen werden. Auch aus der durch die verdeckten Einlagen hergestellten Verbindung zur Klägerin könne nicht gefolgert werden, dass diese selbst weitere Betriebseinnahmen erzielt habe.
Nach Auffassung des 10. Senats hat allerdings dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis wegen der nicht ordnungsgemäßen Kassenführung bestanden. Die Hinzuschätzungen seien allerdings auf einen (Un-)Sicherheitszuschlag i.H.v. 1,5 % der von der Klägerin getätigten Gesamtumsätze, nicht nur der Barumsätze, zu begrenzen. Die Ergebnisse der Bargeldverkehrsrechnungen seien nicht in die Berechnung der Hinzuschätzungen einzubeziehen.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Quelle: Finanzgericht Münster, Pressemitteilung vom 15. August 2022