Das Büro der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) in Berlin hat gegen acht Tatverdächtige Anklage im Zusammenhang mit einem Umsatzsteuerbetrugssystem im Handel mit Luxuskraftfahrzeugen und medizinischen Masken, mit einem Schaden von rund 80 Millionen Euro erhoben.

Vier Tatverdächtigen wird vorgeworfen, den Umsatzsteuerbetrug als Mitglieder einer Bande organisiert zu haben, darunter auch der mutmaßliche Bandenchef. Einem Tatbeteiligten werden Beihilfetaten vorgeworfen. Zwei weitere sind wegen Geldwäschehandlungen angeklagt. Einem Notar, der für die Bande über mehrere Jahre hinweg tätig gewesen sein soll, werden Urkundenfälschung und Falschbeurkundung zur Last gelegt.

Labyrinth von Unternehmen

Die Ermittlungen hatten ein Netzwerk von Gesellschaften aufgedeckt, in dem Luxusfahrzeuge und medizinische Masken über Scheingesellschaften in mehreren Ländern, darunter Tschechien, Deutschland und Polen gehandelt wurden. Hierfür sollen die Tatverdächtigen Personen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten aus Polen und Lettland als Strohmänner benutzt haben. Tatsächlich besteht der Verdacht, dass die Haupttäter die Geschäfte mehrerer Gesellschaften selbst führten, wobei sie Unterschriften fälschten und von dem angeklagten Notar und einem Steuerberater unterstützt wurden. Eine polnische Geldwechselplattform, die tatsächlich von den Haupttätern kontrolliert wurde, soll als Fassade für Geldwäschetransaktionen und die Aufteilung der Tatbeute gedient haben.

Laut Anklage beruhte das Umsatzsteuerbetrugssystem auf dem Verkauf von hochpreisigen Fahrzeugen mit Gesamtumsätzen von mehreren hundert Millionen EUR über Missing Trader-Gesellschaften, die ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkamen. Daneben wurden parallele Scheinrechnungsketten aufgebaut und sogenannte Karussellgeschäfte durchgeführt, um bei den nationalen Steuerbehörden die Auszahlung ungerechtfertigter Steuererstattungen zu beantragen. Das kriminelle Geschäftsmodell machte sich die EU-Vorschriften zum grenzüberschreitenden Warenhandel zwischen den Mitgliedstaaten zunutze, bei dem keine Umsatzsteuer erhoben wird.

Frühere Ermittlungs- und strafprozessuale Maßnahmen

Zu einem früheren Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens, am 12. Mai 2022 hatten deutsche Steuerstrafverfolgungsbehörden aus verschiedenen Bundesländern mit Unterstützung des Landeskriminalamtes Berlin im Auftrag der EUStA Durchsuchungen an mehreren Orten in ganz Deutschland durchgeführt und zwei der Tatverdächtigen festgenommen.

Aufgrund der Auswertung der sichergestellten Kommunikationsdaten war es möglich, den mutmaßlichen Bandenchef zu identifizieren, der später in Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls der EUStA in Österreich festgenommen werden konnte.

Im Zuge der in Kroatien, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland und Polen geführten Finanzermittlungen wurden Bankkonten eingefroren sowie Immobilien, Autos und Luxusartikel im Wert von schätzungsweise 5,2 Millionen Euro beschlagnahmt. Die gerichtlichen Maßnahmen richteten sich daneben gegen zwei Personen und drei Gesellschaften als Einziehungsbeteiligte. Diese werden zwar nicht beschuldigt, an den Straftaten beteiligt gewesen zu sein, es besteht aber der Verdacht, dass sie aus den Taten unrechtmäßige Gewinne in Höhe von 7,75 Mio. EUR erlangt haben.

Starke Partner

Der Erfolg der Ermittlungen ist auch auf die gute Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Berlin zurückzuführen, die wegen anderer, nicht in den Zuständigkeitsbereich der EUStA fallender Straftaten gegen Bandenmitglieder ermittelt.

Die EUStA ist die unabhängige Staatsanwaltschaft der Europäischen Union. Sie ist für die Ermittlung, Verfolgung und Anklage von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU zuständig.

(c) EuStA, 27.07.2023

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