Der PAG-Senat des Bayerischen Obersten Landesgerichtes (BayObLG) hat die Rechtsbeschwerde einer von einem polizeilichen Gewahrsam Betroffenen verworfen. Dieser war zur Herbeiführung eines richterlichen Gewahrsams nach dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz (BayPAG) angeordnet worden.
Die Rechtsbeschwerdeführerin hatte sich im März 2021 in der Fußgängerzone der Stadt Weiden i. d. OPf. aufgehalten, ohne eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, obwohl sie dazu verpflichtet war. Die Betroffene wurde in polizeilichen Gewahrsam genommen und dem Amtsgericht Weiden i. d. OPf. vorgeführt. Auf Antrag der zuständigen Polizeiinspektion bestätigte das Amtsgericht nach Anhörung der Betroffenen die durch die Polizei angeordnete Freiheitsentziehung und ordnete deren Fortdauer für längstens fünf Tage an. Auf die Beschwerde der Betroffenen stellte das Landgericht Weiden i. d. OPf. fest, dass der polizei-lich angeordnete Gewahrsam rechtmäßig, der daran anschließende richterliche Gewahrsam jedoch rechtswidrig gewesen sei, weil ein Verstoß gegen die Maskenpflicht nach der Einlassung der Betroffenen in der Anhörung nicht mehr unmittelbar bevorgestanden habe. Die Betroffene hat gegen den landgerichtlichen Beschluss Rechtsbeschwerde zum BayObLG eingelegt und die Feststellung begehrt, dass auch der polizeilich angeordnete Gewahrsam rechtswidrig gewesen sei.
Der PAG-Senat des BayObLG, der seit 1. August 2021 bayernweit für Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen der bayerischen Landgerichte in Angelegenheiten nach dem BayPAG zuständig ist, hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Der polizeiliche Gewahrsam im Vorfeld eines richterlich angeordneten Gewahrsams nach dem BayPAG habe generell nur vorläufigen Charakter. Eine Rechtsbeschwerde nach Art. 99 Abs. 2 BayPAG, die sich gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Rechtmäßigkeit eines polizeilichen Gewahrsams richte, der zum Zweck der Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über den Gewahrsam nach den Vorschriften des BayPAG angeordnet worden sei, sei in entsprechender Anwendung des § 70 Abs. 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nicht statthaft.
Ebenso hat der Bundesgerichtshof bereits zum Hamburgischen Sicherheits- und Ordnungsrecht entschieden. Die Rechtsbeschwerde des dortigen Betroffe-nen, der sich in unmittelbarer Nähe zu den Krawallen im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017 aufgehalten hatte, wurde, soweit der polizeiliche Gewahrsam im Vorfeld einer richterlichen Entscheidung zur Fort-dauer der Freiheitsentziehung betroffen war, als unzulässig verworfen (BGH, Beschl. v. 10. Juni 2020 – StB 23/18 –, juris).
Beschluss vom 30. Mai 2022 – 103 ZBR-PAG 1/22
Quelle: Bayerisches Oberstes Landgericht, Pressemitteilung vom 07. Juni 2022