Ein Leiharbeitnehmer erhält nicht ohne Weiteres die Inflationsausgleichsprämie, die im Entleiherbetrieb den dort Beschäftigten gezahlt wird. Es gilt zwar der Grundsatz der Gleichstellung nach § 8 Abs. 1 AÜG. Hiervon kann aber nach § 8 Abs. 2, 4 AÜG durch Tarifvertrag für einen bestimmten Überlassungszeitraum abgewichen werden. Für Leiharbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie gibt es hierzu den Tarifvertrag über Branchenzuschläge für die Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) sowie den Tarifvertrag Inflationsausgleichsprämie (TV IAP ME). Dessen Voraussetzungen für die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie waren aber im konkreten Fall nicht erfüllt. Dies hat das Arbeitsgericht Kiel (1 Ca 370 e/24) am 30. Juli 2024 entschieden.

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 1. April 2022 bis zum 31. Juli 2023 als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Auf die vorgenannten Tarifverträge wurde einzelvertraglich Bezug genommen. Sie wurde in einem Betrieb der Metall- und Elektroindustrie eingesetzt.

Die Mitarbeiter im Entleiherbetrieb erhielten im Juni 2023 eine Inflationsausgleichsprämie i.H.v. EUR 1.000,00, die Klägerin dagegen nicht. Sie macht nun gerichtlich diese EUR 1.000,00 sowie weitere EUR 1.200,00 geltend. Für die erste Zahlung sei die Gleichstellung nicht tariflich abbedungen. Hinsichtlich der zweiten Zahlung könne die Prämie nach dem TV IAP ME bereits dann verlangt werden, wenn deren Voraussetzungen nach Inkrafttreten des Tarifvertrages, aber vor dem ersten Auszahlungszeitpunkt im Januar 2024 erfüllt gewesen seien.

Dem ist das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung nicht gefolgt. Der Grundsatz der Gleichstellung in § 8 Abs. 1 AÜG wurde bereits durch den zuvor in Kraft getretenen TV BZ ME in vollem Umfang wirksam abbedungen. Dies hing nicht vom Zeitpunkt der Einbeziehung des TV IAP ME ab. Im Übrigen kann eine Prämie nach dem TV IAP ME nur verlangt werden, wenn zum tariflich vorgesehenen Auszahlungszeitpunkt (hier ab Januar 2024) ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Es ist nicht erkennbar, dass die Tarifparteien im Juni 2023 Ansprüche ab Januar 2024 unabhängig vom Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses hätten regeln wollen. Der zeitliche Vorlauf spricht dafür, dass die Tarifparteien bei Abschluss des TV IAP ME den Zeitarbeitsunternehmen eine Umsetzungsfrist einräumen wollten, um deren zusätzliche Belastung durch die Inflationsausgleichsprämie in die Verhandlungen mit den Kunden einfließen zu lassen.

Gegen die Entscheidung ist Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt worden (5 Sa 222 d/24).

(c) Arbeitsgericht Kiel, 22.11.2024

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