Wegen fahrlässiger Tötung wurde ein 33-jähriger Jäger aus dem Landkreis Kitzingen nun zu 150 Tagessätzen zu je 70 Euro Geldstrafe verurteilt. Bei einem Schuss während einer Treibjagd auf ein Reh soll die Kugel am gefrorenen Boden abgeprallt sein und einen 78-Jährigen Mitjäger tödlich getroffen haben.

Es war an Tragik und Zufällen kaum noch zu überbieten was sich am Morgen des 6. Januar 2022 bei einer Treibjagd im Revier „Strehlhof“ ereignete. Etwa um 10:45 Uhr gab der Angeklagte aus seinem Jagdgewehr mit dem Kaliber 30.06 Springfield einen Schuss auf ein Stück Rehwild ab. Das Projektil verfehlte das Ziel, prallte mit einem circa einem Meter langen Kugelriss vom gefrorenen Boden ab und traf den 78-Jährigen Mitjäger tödlich. Dieser befand sich in einer 140 Meter entfernten Jagdkanzel neben dem Schützen. Die Kugel flog dabei durch das geöffnete Fenster der Jagdkanzel.

Als nach Jagdende um 11:00 Uhr das 78-Jährige Opfer sich nicht am Sammelpunkt meldete, begab man sich auf die Suche. Man fand den Jäger zusammengesunken auf seinem Jagdsitz – die eigene Jagdwaffe noch komplett geladen an seinen Füßen. Die abgeprallte Kugel traf das Opfer im Mundbereich und drang bis in das Kleinhirn vor. Als Todesursache stellte die Rechtsmedizin Ersticken durch das massiv in die Luftwege gelangte Blut fest.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Bei diesen Witterungsbedingungen und in diese Richtung hätte niemals ein Schuss erfolgen dürfen. Dier Gefährlichkeit eines Schusses auf gefrorenen Boden sei allen Jägern bekannt.

Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen

Zu den eigentlichen Vorwürfen an diesem Tag äußerte sich der Angeklagte nicht. Das musste er auch nicht: Gegen den 33-Jährigen war bereits im November vergangenen Jahres ein Strafbefehl über 150 Tagessätze ergangen. Den Einspruch gegen diesen hatte er nun auf die Rechtsfolgen beschränkt. Der Tathergang und der Schuldspruch fahrlässige Tötung standen somit fest. Es ging in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Kitzingen nur noch um die eigentliche Strafzumessung.

Und dafür relevant: die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten. Der 33-Jährige saß von einer chronischen Leukämie sichtlich gezeichnet auf der Anklagebank. „Die Jagd war wie ein Krebsmedikament für mich“, so der Angeklagte. Daneben schätzte er auch die Kameradschaft unter den Jägerkollegen. Es tue ihm unendlich Leid, so viel Trauer über die Familie des Opfers, den er selbst seit Jahren kannte, gebracht zu haben.

„Bei einer Million Schuss passiert so etwas vielleicht einmal“, so sein Verteidiger Dr. Hans-Jochen Schrepfer aus Würzburg. Ziel des Einspruchs sei eine Reduzierung der Geldstrafe auf 90 Tagessätze, um nicht als vorbestraft zu gelten. Den Jagdschein sei er sowieso wahrscheinlich auf Lebenszeit los. Seine Jagdwaffe bereits beschlagnahmt. In vergleichbaren fahrlässigen Tötungen im Straßenverkehr habe sich die Strafe schon des Öfteren in diesem Bereich bewegt.

Vergleich mit tödlichem Verkehrsunfall völlig ungeeignet

„Dieser Vergleich hinkt in jeder Hinsicht“, so Richterin Dr. Ilka Mathes in Ihrer Urteilsbegründung, nachdem sie, wie bereits im Strafbefehl, 150 Tagessätze gegen den Angeklagten verhängte.

Anders als ein Auto, dass im Straßenverkehr einen Menschen töte, habe die Jagdwaffe des Angeklagten genau das gemacht, was diese sollte: töten. Deshalb sei einem Jäger alles an Sorgfalt abzuverlangen was nur möglich sei. „Dieser Schuss hätte niemals fallen dürfen“, so die Richterin weiter in ihrer ausführlichen Begründung. Deshalb sei die ursprünglich verhängte Sanktion so gerechtfertigt gewesen.

Hintergrund: Unfallverhütungsvorschrift „Jagd“

Die Unfallverhütungsvorschrift „Jagd“ ist ein Leitfaden für die sichere Ausübung der Jagd. Sie wurde durch die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft erlassen. Sie besitz zwar keinen Gesetzescharakter, doch ist sie fester Bestandteil der Jagdausbildung und somit jedem Jäger bekannt.

Dort heißt es in § 4 Absatz 7:

„Wenn sich Personen in gefahrbringender Nähe befinden, darf in diese Richtung weder angeschlagen noch geschossen werden. Ein Durchziehen mit der Schusswaffe durch die Schützen- oder Treiberlinie ist unzulässig.“

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