Ein 33-jähriger Oberleutnant der Bundeswehr stand wegen Gehorsamsverweigerung vor dem Amtsgericht Bad Kissingen. Der Vorwurf: Er habe sich nicht gegen Covid19 impfen lassen, obwohl ihm dies mehrmals befohlen worden war. Die Richterin sprach den jungen Mann jedoch frei: Die Impfpflicht sei zum Zeitpunkt des Befehls nicht mehr verhältnismäßig. Eine Entscheidung, die das Verteidigungsministerium aufhorchen lassen sollte – hält dieses doch noch an einer Impfpflicht gegen Corona fest.
Im Januar 2022 befand sich der Luftwaffenoffizier auf einem Lehrgang der Infanterieschule in Hammelburg. Bei Ankunft der Teilnehmer wurde routinemäßig neben anderen Daten auch der Impfstatus der Soldaten abgefragt. Das Ergebnis: Der Angeklagte ist nicht gegen das Corona-Virus geimpft. Gerüchte darüber habe es in der Truppe schon länger gegeben.
Aus diesem Grund wurde der junge Offizier von seinem Disziplinarvorgesetzten zu einem Gespräch gebeten. Nach erfolglosem anfänglichem gutem Zureden und kameradschaftlichen Ratschlägen seines vorgesetzten Oberstleutnants erteilte dieser dem Angeklagten schließlich den Befehl seinen Impfstatus vollständig herzustellen. Nach ärztlicher Überprüfung ob eventuelle medizinische Einwände gegen eine Impfung bestehen, ließ sich der Soldat dennoch nicht impfen. Zu einem zweiten befohlenen Impftermin in Hammelburg kam es nicht mehr, da die Weisung aus dem Verteidigungsministerium erteilt wurde ungeimpfte Soldaten vom Lehrgang abzulösen.
Aber auch in seinem Heimatstandort kam der Angeklagte dem Impfbefehl seines dortigen Vorgesetzten im Mai 2022 wieder nicht nach.
Dieses Verhalten – das beharrliche Nichtbefolgen eines Befehls obwohl dieser wiederholt wurde – stellt das Wehrstrafgesetz in § 20 unter Strafe und bezeichnet dies als Gehorsamsverweigerung. Es drohen bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe.
Voraussetzung ist jedoch, dass es für den Soldaten eine gesetzliche Pflicht gibt sich überhaupt impfen zu lassen. Und genau dies regelt § 17a des Soldatengesetzes. Sofern keine medizinischen Grüne entgegenstehen, muss ein Soldat vorgeschriebene Impfungen über sich ergehen lassen. Neben Tetanus und allen anderen üblichen Impfungen gehört seit November 2021 auch die Impfung gegen das Corona-Virus zu diesem Canon.
Die gegen diese Impflicht erhobenen Beschwerden von Soldaten hat das dafür zuständige Bundesverwaltungsgericht im Juli letzten Jahres als unbegründet zurückgewiesen:
„Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Regelung in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen und insbesondere die Soldatenvertretungen beteiligt. Es war im Rahmen der ihm zustehenden Weisungsbefugnis nach § 10 Abs. 4 SG berechtigt, nach pflichtgemäßen Ermessen den Kreis der notwendigen Schutzimpfungen durch Verwaltungsvorschrift festzulegen. Denn das Soldatengesetz enthält in § 17a SG eine ausdrückliche Regelung darüber, dass jeder Soldat verpflichtet ist, sich im Interesse der militärischen Auftragserfüllung gesund zu erhalten und dabei ärztliche Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten gegen seinen Willen zu dulden.“
Die fast 4-stündige Verhandlung am Amtsgericht Bad Kissingen drehte sich um viel „juristische Haarspalterei“, wie die Richterin anmerkte: War der Befehl hinreichend genau formuliert? Durfte der Disziplinarvorgesetzte überhaupt wissen, dass der Soldat nicht geimpft ist? Wer darf bei der Bundeswehr Gesundheitsdaten verarbeiten?
All dies spielte für das Gericht in seinem Urteil nur eine untergeordnete Rolle. „Die Impfpflicht war schlicht zu dem Zeitpunkt des Befehls im Mai 2022 unverhältnismäßig“, so die Richterin zur Begründung des Freispruchs. Ausgehend von den heutigen Erkenntnissen habe der befehl damit im Mai 2022 nicht mehr von dem Oberleutnant befolgt werden müssen. Zudem belegten jetzt Studien, dass eindeutige Impfschäden aufgrund der Corona-Schutzimpfung aufgetreten seien. Zwar bewege sich dies aktuell noch im Promille-Bereich – die Zahlen dürften nach Meinung der Richterin aber weiter steigen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte den Bundestag noch im Mai dieses Jahres in einer Regierungsbefragung darüber informiert vorerst noch an der Imfpflicht für Soldaten festhalten zu wollen:
„Wir evaluieren permanent die Notwendigkeit, an der Duldungspflicht für die Covid-19-Impfung festzuhalten. Das tun wir auf der Grundlage der Erkenntnisse, die wir aus dem Gesundheitsministerium und von den einschlägigen Instituten bekommen. Wie sagt man so schön: Wir führen den Ball dicht am Fuß. Ich schließe nicht aus, dass wir über kurz oder lang die Duldungspflicht aufheben; aber der Zeitpunkt ist noch nicht gekommen.“
Sowohl das Amtsgericht München als auch das Amtsgericht Gardelegen haben im Sommer diesen Jahres noch Bundeswehrsolodaten zu Geldstrafen verurteilt, die sich ebenfalls weigerten sich gegen Corona impfen zu lassen.
Ob die Staatsanwaltschaft, die noch eine dreimonatige Bewährungsstrafe für den Soldaten gefordert hatte, Rechtsmittel einlegt bleibt angesichts der bisherigen Entscheidungen und der klaren Marschrichtung des Bundesverwaltungsgerichts mit Spannung abzuwarten.
Dem suspendierten Soldaten drohen aber noch weitere disziplinare Konsequenzen. Ein gerichtliches Disziplinarverfahren mit dem Ziel den Oberleutnant aus dem Dienst zu Entfernen ist bereits eingeleitet.