Das Amtsgericht München erachtete in einem Streit um den Eintritt in das Mietrechtsverhältnis nach Tod der ursprünglichen Mieterin die außerordentliche Kündigung des Vermieters für wirksam und verurteilte den Beklagten am 12.10.2022 dazu, die Wohnung innerhalb einer mehrmonatigen Räumungsfrist zu räumen und an die Kläger herauszugeben.
Im Jahr 1975 schlossen die Kläger mit der ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten einen Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung in Milbertshofen. Bis zu ihrem Versterben im September 2020 lebte diese mit dem Beklagten zusammen in der Wohnung. Mehr als ein Jahr nach dem Versterben der Lebensgefährtin, ließ der Beklagte den Klägern mitteilen, dass die ursprüngliche Mieterin verstorben sei.
Die Kläger kündigten das Mietverhältnis daraufhin außerordentlich und verlangten Räumung und Herausgabe der Wohnung durch den Beklagten. Nicht zuletzt auf Grund der unterlassenen Mitteilung vom Tod der ursprünglichen Mieterin bestünden erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit und zukünftigen Vertragstreue des Beklagten.
Der Beklagte ließ demgegenüber ausführen, dass ihm schlichtweg nicht bekannt gewesen sei, dass er das Versterben seiner Lebensgefährtin und ursprünglichen Mieterin hätte anzeigen müssen.
Das Gericht begründete das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 563 Abs. 4 BGB auszugsweise wie folgt:
„Die Kündigung darf aufgrund von § 563 Abs. 4 BGB nur dann ausgesprochen werden, wenn in der Person des eingetretenen Mieters ein wichtiger Grund vorliegt. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, der den Vermieter zur Kündigung berechtigt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei ist abzuwägen, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter zumutbar ist. (…)
Berechtigterweise haben die Kläger erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagtenpartei, da der Beklagte den Vermietern über mehr als ein Jahr hinweg keine Mitteilung über das Versterben der ursprünglichen Mieterin machte.
Nach Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung war seine Lebensgefährtin am 23.09.2020 verstorben. Hiervon erfuhren die Kläger erst aufgrund einer Nachfrage der Klägervertreterin beim Mieterverein infolge von Namensdifferenzen hinsichtlich des Mitgliedernamens.
Es ist als Bestandteil der vertraglichen Nebenpflichten anzusehen, dass der eintretende neue Mieter den Vermieter zeitnah über den Tod der Mietpartei in Kenntnis setzt. Soweit der Beklagte anmerkt, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass er die Vermieter hätte informieren müssen, ist darauf hinzuweisen, dass es ihm oblag sich entsprechend zu erkundigen. So findet sich auch in gängigen und zum Beispiel über das Internet frei verfügbaren Checklisten zum Vorgehen beim Versterben Angehöriger genau dieser Punkt als zeitnah vorzunehmender wieder. Das Unterlassen dieser Mitteilung stellt ein vertragswidriges Verhalten dar, das eine konkrete Erschütterung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und künftige Vertragstreue des Eingetretenen begründet und einen wichtigen Grund i.S.v. § 563 Abs. 4 BGB darstellt. (…)
Vorliegend ist die unterlassene Mitteilung des Todes [der Lebensgefährtin des Beklagten] zudem im Kontext mit dem am Amtsgericht München geführten Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen (…) zu sehen. Bereits ausweislich des Aktenzeichens handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Jahr 2021. Das Urteil erging in diesem Verfahren auch bevor die Mitteilung des Mietervereins vom Versterben der ursprünglichen Mieterin erfolgte. Gegenstand des Verfahrens waren Ansprüche aus dem Verhältnis Mieter – Vermieter. Obgleich die Rechtsstreitigkeit dem Beklagten bekannt war, veranlasste dies den Beklagten nicht dazu, die Kläger darüber zu unterrichten, dass die Mieterin verstorben war.
Auf dieser Basis kann einem Vermieter nicht zugemutet werden, das Mietverhältnis mit dem Beklagten fortzusetzen. (…)
Ein Anspruch der Beklagten auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 574 BGB besteht hier nicht, da Härtegründe i.S.v. § 574 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nicht vorliegen. Zwar ist gerichtsbekannt, dass der Mietmarkt im Großraum München angespannt ist. Diese Ausgangslage begründet hier jedoch keine Härte, zumal der Beklagte keine Bemühungen bei der Suche nach Ersatzwohnraum dargelegt hat. Maßgebliche gesundheitliche (Krankheit, Behinderung usw.) oder sonstige gewichtige soziale Aspekte (z.B. berufliche oder schulische Schwierigkeiten, welche über die allgemeine Verwurzelung hinausgehen müssen) sind nicht ersichtlich.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 12.10.2022
Aktenzeichen 417 C 9024/22
Das Urteil ist rechtskräftig.