Auf Einladung der Direktorin des Amtsgerichts Susanne Kirchhoff trafen sich jetzt die Schiedsleute des Bezirks zu einem Erfahrungsaustausch. Thematischer Schwerpunkt des diesjährigen Treffens waren die Nachbarschaftskonflikte.
Richterassistent Jan Kärcher zeichnete in einem Kurzvortrag die Rechtsprechung des Amtsgerichts Bad Iburg in Nachbarschaftsstreitigkeiten nach. Danach stritten Nachbarn im hiesigen Gerichtsbezirk in den vergangenen drei Jahren besonders häufig darum, ob bei der Bebauung Grundstücksgrenzen korrekt eingehalten worden waren und ob Bäume oder Sträucher über die Grenze wuchsen und deshalb zu beseitigen waren. Auch Beeinträchtigungen bei der Entwässerung von Grundstücken und Überwachungskameras (Urteil vom 12.11.2021, 4 C 366/21) beschäftigten das Gericht.
„Nachbarschaftskonflikte sind häufig extrem dynamisch. Sie verselbständigen sich, gewinnen aus sich heraus Energie und werden immer stärker. Da ist es gut, dass die Schiedsleute den Parteien ein niedrigschwelliges Konfliktlösungsverfahren bieten. Denn: Je früher dieser Prozess unterbrochen wird, desto besser!“, ergänzte Susanne Kirchhoff, selbst ausgebildete Mediatorin. So könne der Streitpunkt schon im Keim erstickt werden – bei Nachbarn besonders wichtig, weil sie sich ja nicht einfach so aus dem Weg gehen können.
Was macht eigentlich eine Schiedsfrau oder ein Schiedsmann?
Schiedsfrauen und Schiedsmänner spielen in Niedersachsen bereits seit knapp 200 Jahren eine wichtige Rolle als Streitschlichter. Sie sind ehrenamtlich tätig und tragen dazu bei, dass Streitigkeiten vor Ort schnell und mit dem nötigen Einfühlungsvermögen beigelegt werden können und zerstrittene Bürgerinnen und Bürger wieder zu einem gedeihlichen Zusammenleben zurückfinden.
Die Schiedspersonen werden vom Rat der Gemeinde für die Dauer von fünf Jahren gewählt und danach von der Direktorin des Amtsgerichts vereidigt. In jeder Gemeinde gibt es mindestens eine Schiedsperson.
Nähere Informationen zum Schiedsamt und eine Liste der bei uns im Amtsgerichtsbezirk tätigen Schiedsleute finden Sie hier.
Bestimmte zivilrechtliche Klagen vor dem Amtsgericht sind erst zulässig, nachdem die Parteien versucht haben, ihre Streitigkeit einvernehmlich beizulegen (obligatorische Streitschlichtung, § 1 NSchlG).
Die obligatorische Streitschlichtung findet statt bei:
• Nachbarschaftskonflikten (z.B. Überwuchs von Ästen und Wurzeln, Lärm, Überfall von Laub und Früchten, Gerüche, Höhe von Pflanzen in Grenznähe).
• Ansprüchen wegen Verletzung der persönlichen Ehre und
• Ansprüchen wegen zivilrechtlicher Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz
Zuständig für das obligatorische Streitschlichtungsverfahren sind in erster Linie die örtlichen Schiedsämter. Örtlich zuständig ist dabei das Schiedsamt, in dessen Bezirk die Antragsgegnerin oder der Antragsgegner wohnt.
Wenn sich die Parteien in einem Schlichtungsverfahren nicht einigen, erteilt die Schiedsperson ihnen eine Erfolglosigkeitsbescheinigung. Diese Bescheinigung ist Voraussetzung für die Erhebung einer Klage vor dem Amtsgericht.
Quelle: Amtsgericht Bad Iburg, Pressemitteilung vom 8. Januar 2023