Vor 100 Jahren hat die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Hamburg ihre Arbeit aufgenommen. Die Kontrolle des Verwaltungshandelns durch die Verwaltungsgerichte ist ein Kernstück des Rechtsstaats. Ihre Entscheidungen sind von hoher gesellschaftlicher Relevanz, wie sich zuletzt etwa in Bezug auf die Corona-Maßnahmen zeigte. Zum 100-jährigen Jubiläum der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Hamburg begrüßte Senatorin Anna Gallina am Montag Gäste aus Justiz, Politik und Wissenschaft bei einem Senatsempfang im Rathaus.
Justizsenatorin Anna Gallina: „Dieses Jubiläum steht für die Resilienz, Anpassungsfähigkeit und Qualität der Hamburger Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ihre Aufgabe ist die Kontrolle staatlichen Handelns. Sie begrenzt dieses Handeln mit Weitblick und Umsichtigkeit. Sie kann auch die Akzeptanz für Verwaltungshandeln erhöhen, das rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit füllt damit die Verfassungsprinzipien mit Leben, die Grundpfeiler unserer Demokratie sind: Gewaltenteilung und Rechtsstaat. Sie prägt das Verhältnis von Politik, Verwaltung und Bürger:innen.“
Anne Groß, Präsidentin des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts: „Der Rechtsstaat ist nicht statisch, sondern muss immer wieder neu an die gesellschaftlichen Bedingungen angepasst werden. Lassen Sie uns gemeinsam aktiv für den Rechtsstaat eintreten und die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Hamburg zukunftsweisend gestalten.“
Gewinner des Aufsatzwettbewerbs
Anlässlich des Jubiläums wurde der Aufsatzwettbewerb „Verwaltungsgerichtsbarkeit im Wandel“ veranstaltet. Organisiert wurde der Aufsatzwettbewerb durch die Hamburger Verwaltungsgerichte, die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg und die Bucerius Law School. Die besten drei Aufsätze wurden während des Senatsempfangs mit von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, dem Hamburgischen Anwaltverein und dem Rechtsstandort Hamburg e.V. gesponserten Preisen in Höhe von 1.500 Euro, 1.000 Euro und 500 Eure prämiert.
- 1. Preis: Christoph Schuch – „‘…mit gegenwärtiger Staatsauffassung nicht vereinbar.‘ Über den extremen Wandel der Hamburger Verwaltungsgerichtsbarkeit im Nationalsozialismus“
- 2. Preis: Paul Petterson/Valentin Feneberg – „Schutz vor extremer Armut – Asylrechtsfortbildung durch Verwaltungsgerichte“
- 3. Preis – gemeinsam an: Maximilian Roth – „Vom Revisions- zum Tatsachengericht: der Wandel des Bundesverwaltungsgerichts am Beispiel von Infrastrukturvorhaben“ sowie Marcus Schnetter – „Kleine Richterlein?“
Verwaltungsgerichte in Hamburg
Mit dem Hamburgischen Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 2. November 1921 schuf Hamburg mit der Einrichtung des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts erstmals eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Verwaltungsgerichtsbarkeit. Aufgrund von Debatten über Personalentscheidungen verzögerte sich der Zeitpunkt des vollumfänglichen Inkrafttretens noch bis Anfang des Jahres 1922.
Die Verwaltungsgerichte kontrollieren behördliche Entscheidungen. Fühlen sich Bürger:innen durch die Verwaltung in ihren Rechten betroffen, können sie vor den Verwaltungsgerichten um Rechtsschutz nachsuchen. In die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallen heute vor allem das Flüchtlings- und Aufenthaltsrecht, Streitigkeiten über Baugenehmigungen und Planungsentscheidungen, Informationsansprüche gegenüber den Behörden, das Versammlungs- und Polizeirecht, die Rechtmäßigkeit von Corona-Eindämmungsmaßnahmen, das Schulrecht wie auch Streitigkeiten zwischen Beamt:innen und ihrem Dienstherrn.
In Hamburg sind für diese Verfahren erstinstanzlich das Verwaltungsgericht Hamburg und in der Berufungs- bzw. Beschwerdeinstanz das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zuständig. Über bestimmte planungsrechtliche Verfahren wie Bebauungspläne und bestimmte Infrastrukturvorhaben entscheidet das Oberverwaltungsgericht als Eingangsinstanz. Beim Verwaltungsgericht sind aktuell 76 Richter:innen und 56 Mitarbeiter:innen im nichtrichterlichen Dienst tätig, beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht 20 Richter:innen und 18 Mitarbeiter:innen.
Quelle: Behörde für Justiz und Verbraucherschutz Hamburg, Pressemitteilung vom 27. Juni 2022