Ein Busunternehmer erhält Schadensersatz, wenn die Polizei einen Reisebus aus dem Verkehr zieht, sich aber hinterher herausstellt, dass der Bus verkehrssicher war.

Die Klägerin befördert Fahrgäste mit Reisebussen im Linienverkehr. Am Samstag, den 06.10.2018, gegen 18:50 Uhr unterzogen zwei Beamte des Polizeipräsidiums Köln einen Reisebus auf seiner Fahrt in Leverkusen einer Verkehrskontrolle. Die beiden Beamten beanstandeten einen verkehrsunsicheren Zustand der Fahrzeugbereifung. Der hintere linke Außenreifen der Zwillingsbereifung des klägerischen Busses wies eine glatte Lauffläche auf; die Kante zwischen Lauffläche und Reifen Seitenwand war wellenförmig verformt. Die Polizei hat die Meldung eines Fahrgastes erhalten, der den Eindruck gewonnen hatte, dass der Bus „schwammig“ auf der Straße liege. Im Bus saß der Fahrgast direkt über der linken Hinterachse. Die beiden Polizeibeamten untersagten die Weiterfahrt des mit Fahrgästen besetzten Busses. Daraufhin beorderte die Klägerin einen Ersatzbus nach Leverkusen, mit dem die Linienfahrt fortgesetzt werden konnte und veranlasste die Rückbringung des angehaltenen Busses an ihren Geschäftssitz in Bayern. Dort stellte sich beim TÜV heraus, dass der Bus in jeglicher Hinsicht ohne Mängel war.


Die Klägerin behauptet, die Bereifung des Busses sei im Kontrollzeit-punkt in jeder Hinsicht verkehrssicher gewesen. Es habe keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer oder die Fahrgäste bestanden. Die bei-den Polizeibeamten hätten nicht über das technische Wissen verfügt, den Zustand des Busses auf seine vorschriftsmäßige Bereifung zu überprüfen. Der Klägerin sei dadurch ein Schaden i.H.v. 2.453,70 € entstanden, den sie von dem beklagten Land verlangt.

Das beklagte Land lehnt jede Haftung ab. Bei Überprüfung des Busses seien neben dem desolaten Zustand der Reifen eine teilweise abgebrochene Radkappe sowie Karosserieschäden im Bereich des Radkastens festgestellt worden. Dies habe den Anlass gegeben, den Bus nicht mehr weiterfahren zu lassen.
Das Gericht hat entschieden, dass dem Busunternehmen Schadensersatz in Höhe des geltend gemachten Betrages von 2.453,70 € wegen der Kosten der Bereitstellung des Ersatzbusses zustehe.
Zwar liege keine schuldhafte Amtspflichtverletzung der beiden handeln-den Polizeibeamten des beklagten Landes vor. Wenn ein Amtsträger im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens tätig werde, liegt nach ständiger Rechtsprechung eine Amtspflichtverletzung so lange nicht vor, wie sich die Tätigkeit der Behörde innerhalb der Grenzen fehlerfreien Ermessensgebrauchs hält. Der Zustand der Reifen habe nach Auffassung der Richter jedenfalls Grund zu der Annahme gegeben, dass dieser eine Gefahr für den Straßenverkehr darstellt und einen Bußgeldtatbestand erfüllen konnte. Dieser Gefahrenverdacht sei auch durch ein Telefonat mit dem Busunternehmer nicht ausgeräumt worden. Danach habe die letzte Untersuchung des Busses zwei Tage zuvor stattgefunden und der Reifen hätte ohne weiteres erst in der Zwischenzeit beschädigt worden sein können.


Soweit die polizeiliche Verfügung rechtmäßig war, hat der Busunternehmer einen Entschädigungsanspruch nach § 67 PolG NRW i.V.m. § 39 Abs. 1 a) OBG NRW: Danach erhält derjenige Schadensersatz, der als Eigentümer einer Sache in Anspruch genommen wird, wenn von seiner Sache eine Gefahr ausgeht, diese Gefahr sich aber später als unbegründet erweist. Der Inanspruchgenommene erhält einen Aus-gleich, wenn das den Anschein der Gefahr begründende Verhalten rechtmäßig gewesen ist und er keine Ursache für diese Anscheinsgefahr gesetzt hat.
Der Zustand der Reifen habe berechtigten Anlass zum polizeilichen Ein-schreiten geboten. Der Busunternehmer habe diesen Zustand auch nicht schuldhaft verursacht. Der fragliche Reifen sei in Wirklichkeit nicht unsicher gewesen und daher habe auch keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vorgelegen. Dazu habe die Klägerin ein Gutachten des TÜV Süd vom 15.10.2018 vorgelegt. Der Kammer erschien auch die dargelegte Höhe des eingeklagten Anspruchs nachvollziehbar. Dass zur möglichst zeitnahen Fortsetzung der Linienfahrt ein Ersatzbus beschafft werden musste, sei angesichts sehr viel höherer möglicher Ersatzkosten des Auftraggebers oder der Fahrgäste plausibel.


Die Entscheidung vom 05.07.2022 zum Az. 5 O 382/21 ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht Köln, Pressemitteilung vom 31. Juli 2022

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