In einem Grundsatzverfahren hat der Bayerische Anwaltsgerichtshof (BayAGH) den Europäischen Gerichtshof mit einem Vorlagebeschluss um Überprüfung des anwaltlichen Fremdbesitzverbots gebeten.

Die Klägerin Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft UG, eine von Dr. Daniel Halmer, Rechtsanwalt sowie Gründer und Geschäftsführer des Legal-Tech-Unternehmens Conny GmbH, gegründete und 2020 von der Rechtsanwaltskammer München (RAK) zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaft, trat 2021 51 ihrer 100 Geschäftsanteile an eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung ab. Die beklagte RAK widerrief daraufhin die Zulassung der Klägerin, da die österreichische GmbH weder in Deutschland noch in Österreich zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist und sich nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) als reine Finanzinvestorin nicht an einer anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaft beteiligen darf. Mit ihrer Klage zum BayAGH rügte die Halmer UG die Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des sog. Fremdbesitzverbots.

Der BayAGH hat deshalb die deutschen Rechtsvorschriften, nach denen sich Finanzinvestoren auch dann nicht an anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften beteiligen dürfen, wenn andere Rechtsvorschriften und die Satzung der Gesellschaft die Einhaltung der berufsrechtlichen Verpflichtung und die anwaltliche Unabhängigkeit sicherstellen, und das Gebot der aktiven Tätigkeit von Berufsträgern in der Berufsausübungsgesellschaft dem EuGH vorgelegt. Dieser wird nun prüfen, ob die Beschränkungen gegen die Kapitalverkehrs- und die Niederlassungsfreiheit sowie die Dienstleistungsrichtlinie verstoßen. Im Verfahren sind zwar die Vorschriften der BRAO in der Fassung bis zum 31.7.2022 maßgeblich, die Entscheidung des EuGH wird aber gleichermaßen für das mit der großen BRAO-Reform zum 1.8.2022 bestätigte Fremdbesitzverbot und darüber hinaus Bedeutung haben für vergleichbare Beschränkungen bei anderen freien Berufen, insbesondere bei Steuerberatern.

Prof. Dr. Dirk Uwer, Partner von Hengeler Mueller und Mitglied des Berufsrechtsausschusses des Deutschen AnwaltVereins, berät und vertritt die Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft sowie die Beigeladenen, die österreichische GmbH und Rechtsanwalt Dipl.-Kfm. Dr. Daniel Halmer gemeinsam mit Rechtsanwalt Moritz Quecke, Partner von GQL Gussone Quecke Legal, Berlin.

Quelle: Hengeler Mueller, Pressemitteilung vom 25. April 2023

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