Die globale Anwaltssozietät Clifford Chance hat für insgesamt 13 Unternehmen der Pharmabranche in Deutschland Klage beim Gericht der Europäischen Union gegen die Kostenverteilung der neuen europäischen Kommunalabwasserrichtlinie eingereicht.
Gegenstand der Regelungen der Kommunalabwasserrichtlinie sind Abwässer, die mit Mikroschadstoffen belastet sind. Es handelt sich dabei nicht um Abwässer aus der Herstellung von Arzneimitteln, da für Produktionsabwässer ohnehin bereits strenge Anforderungen gelten. Vielmehr geht es um Mikroschadstoffe, die aus einer Vielzahl von Quellen primär in privaten Haushalten stammen können. Dies kann unter anderem auch Reststoffe umfassen, die nach der Einnahme bestimmter Medikamente durch Patienten auf natürlichem Wege ins Abwasser gelangen.
Die sogenannte 4. Abwasserreinigungsstufe, die in Kläranlagen in EU-Mitgliedstaaten zusätzlich eingeführt werden muss, soll diese Spurenstoffe aus dem Abwasser filtern. In diesem Zusammenhang legen die beklagten Vorschriften der Richtlinie fest, dass mindestens 80% der milliardenschweren Kosten für Bau und Betrieb der 4. Klärstufe nach dem Prinzip der sog. erweiterten Herstellerverantwortung allein auf die Anbieter von Human-Arzneimitteln und Kosmetika umgelegt werden müssen. Damit soll ein Anreiz gesetzt werden, die Produktion auf ökologische, nachhaltigere Produkte umzustellen, die von vornherein keine Spurenstoffe im Abwasser hinterlassen.
Diese Lenkungsfunktion des Verursacherprinzips kann bei einer Vielzahl lebenswichtiger und versorgungskritischerArzneimittel jedoch in der Praxis nicht erreicht werden. Denn der im Vordergrund stehende therapeutische Effekt von Arzneimitteln ist regelmäßig fest mit den jeweiligen Wirkstoffen verbunden, die Bakterien, Viren oder sonstige schädliche Strukturen im menschlichen Körper bekämpfen und unter Umständen nach Einnahme und Verstoffwechslung in das Abwasser gelangen können.
Die finanzielle Mehrbelastung betrifft dabei besonders solche Pharmaunternehmen, die versorgungskritische und lebenswichtige Arzneimittel in großen Mengen zu sehr günstigen Preisen zur Verfügung stellen. Es droht die Gefahr, dass derartige Medikamente zukünftig nicht mehr kostendeckend in Deutschland oder Europa vertrieben werden könnten. Damit drohen weitere Lieferengpässe von wichtigen Medikamenten, was die nationale und europäische Pharma-Strategie zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit untergraben würde.
Die einseitige Zuweisung dieser erheblichen finanziellen Mehrbelastung an Unternehmen der Pharmaindustrie stellt sich darüber hinaus auch als unverhältnismäßig und nicht mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar dar, da die Spurenstoffe in den kommunalen Abwässern von einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte aus verschiedenen Branchen verursacht werden, die durch die Kommunalabwasserrichtlinie jedoch nicht einbezogen werden.
Dr. Thomas Voland, Partner und Co-Head der European ESG Group von Clifford Chance, kommentiert: „Sauberes Wasser ist ein wichtiges Gut. Zu dessen Sicherstellung ist eine nachvollziehbare und faire Verteilung von Kosten unerlässlich. Denn Nachhaltigkeitsbestrebungen müssen im Einklang mit der gesamtgesellschaftlich wichtigen Aufgabe der medizinischenVersorgung verfolgt werden.“
Dr. Ulrich Reese, Partner im Bereich Healthcare bei Clifford Chance, ergänzt: „Es ist uns ein besonderes Anliegen, unsere Mandanten in dieser kritischen Fragestellung durch unsere spezielle Branchenexpertise und unsere vertieften Kenntnisse im Umwelt- und EU-Recht unterstützen und hierdurch einen Beitrag zur Sicherung der nationalen und europäischen Pharma-Strategie sowie zur Versorgungssicherheit mit wichtigen Medikamenten leisten zu können.“
Das Clifford Chance-Team stand unter der Leitung der Partner Dr. Thomas Voland (Corporate) und Dr. Ulrich Reese (Corporate/Healthcare, beide Düsseldorf).