Die Bundesanwaltschaft hat gestern (6. September 2023) aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 22. August 2023 die syrischen Staatsangehörigen Amer A. und Basel O. in Kiel und München festnehmen lassen. Zudem wurden dort die Räumlichkeiten der Beschuldigten durchsucht. Mit den polizeilichen Ermittlungen waren das Bundeskriminalamt und das Bayerische Landeskriminalamt beauftragt. Der Einsatz in Kiel wurde durch das Landeskriminalamt Schleswig Holstein und die Bundespolizei unterstützt.
Die Beschuldigten sind der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Liwa Jund al Rahman“ dringend verdächtig (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB). Amer A. wird insoweit vorgeworfen, Rädelsführer gewesen zu sein (§ 129a Abs. 4 Var. 1 StGB). Zudem besteht gegen ihn der dringende Verdacht der Begehung von Kriegsverbrechen in Form der Vertreibung (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB) und Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS).
In dem Haftbefehl wird den Beschuldigten im Wesentlichen folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
1. Amer A. gründete im Februar 2013 in der syrischen Provinz Deir ez Zor die Vereinigung „Liwa Jund al Rahman“ („Brigade der Soldaten des Barmherzigen“) und agierte fortan als deren Anführer. Bei der „Liwa Jund al Rahman“ handelte es sich um eine bewaffnete Rebellengruppe mit dem Ziel, das syrische Regime gewaltsam zu stürzen. Sie bekannte sich eingangs zur Freien Syrischen Armee, verfolgte aber eine islamistische Agenda. Bereits zum Zeitpunkt ihrer Gründung verfügte die „Liwa Jund al Rahman“ über eine niedrige dreistellige Anzahl von Kämpfern, durch den Beitritt anderer bewaffneter Gruppen wuchs die Mannstärke im Verlauf der Zeit noch erheblich an. Spätestens seit April 2013 nahm die Vereinigung im Rahmen des Bürgerkrieges in Syrien wiederholt an Kampfhandlungen gegen die syrische Armee teil.
Im Juni 2013 überfiel die „Liwa Jund al Rahman“ unter Führung von Amer A. und gemeinsam mit der Jabhat al Nusra und anderen jihadistischen Gruppierungen das Dorf Hatlah nahe Deir ez Zor. Die als „Säuberung“ bezeichnete Operation galt der dort ansässigen schiitischen Bevölkerung. Bis zu 60 schiitische Einwohner wurden getötet, der Rest durch die gezielte Erzeugung von Todesangst – auch mittels Brandschatzungen und Plünderungen – zur Flucht in andere Gegenden von Syrien oder ins Ausland veranlasst. Das Resultat dieser Vertreibungsmaßnahme war die Beendigung jeglicher schiitischer Präsenz in Hatlah.
Anfang Juli 2014 trat Amer A. dem IS bei und unterstellte die „Liwa Jund al Rahman“ samt aller Kämpfer, Ausrüstung und Finanzen dessen Kommando. Bei der Eroberung der Stadt Al Mayadin durch den IS und dem militärischen Vorgehen gegen den Al Shu’aytat Stamm Ende Juli / Anfang August 2014 in der Region Deir ez Zor führte der Beschuldigte die Kämpfer seiner ehemaligen Vereinigung an.
2. Basel O. hatte spätestens seit Ende 2013 eine führende militärische Position bei der „Liwa Jund al Rahman“ inne. Zu diversen Gelegenheiten befehligte er Kampftruppen der Vereinigung bei Gefechten gegen die syrischen Streitkräfte, insbesondere am Militärflughafen von Deir ez Zor im Dezember 2013 und April 2014.
Die Beschuldigten wurden gestern dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.
(c) Generalbundesanwalt, 07.09.2023