Die Bundesanwaltschaft hat gestern (2. August 2023) aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 26. Juli 2023 den syrischen Staatsangehörigen Ahmad H. durch Beamte des Bundeskriminalamts in Bremen festnehmen lassen.
Der Beschuldigte ist der Begehung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen durch Folter und Versklavung (§ 7 Abs. 1 Nr. 3, 5, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB, § 25 Abs. 1 und 2 StGB) dringend verdächtig.
In dem Haftbefehl ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Spätestens seit Ende April 2011 ging das syrische Regime mit brutaler Gewalt gegen Regimekritiker vor. Den syrischen Geheimdiensten kam dabei eine wesentliche Rolle zu. Das Ziel war es, die damalige Protestbewegung mit Hilfe von Sicherheitskräften bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu unterbinden und die Bevölkerung einzuschüchtern. Hierzu wurden überall im Land tatsächliche oder vermeintliche Oppositionelle ohne Rechtsgrundlage festgenommen, inhaftiert, gefoltert und häufig getötet. Anfang 2012 weiteten sich die Spannungen in Syrien zu einem großflächigen Bürgerkrieg aus, bei dem sich insbesondere die staatlichen syrischen Kräfte und bewaffnete oppositionelle Gruppierungen bekämpften.
Ahmad H. agierte jedenfalls in der Zeit von 2012 bis 2015 als lokaler Anführer einer in die „National Defence Forces“ eingegliederten „Shabiha-Miliz“ im Damaszener Stadtviertel At-Tadamon. Im Auftrag des syrischen Regimes hatte diese Miliz die Aufgabe, zusammen mit der Abteilung 227 des syrischen Militärischen Geheimdienstes oppositionelle Bestrebungen in At-Tadamon gewaltsam zu unterdrücken. Dazu betrieb die Miliz Checkpoints. Dort und an anderen Orten im Stadtviertel nahm die Gruppierung regelmäßig Personen willkürlich fest, um von diesen oder deren Angehörigen Gelder zu erpressen, sie zu Zwangsarbeit zu verpflichten oder sie zu foltern. Zudem plünderten die Milizionäre in großem Umfang Häuser und Wohnungen von mutmaßlichen Regimegegnern und veräußerten das Diebesgut auf eigene Rechnung. Am 16. April und 16. Oktober 2013 kam es in At-Tadamon zu Massenexekutionen von Zivilisten durch Angehörige der Abteilung 227, denen mindestens 47 Personen zum Opfer fielen.
Der Beschuldigte beteiligte sich zu verschiedenen Gelegenheiten persönlich an der Misshandlung von Zivilpersonen. Bei einem Vorfall im Jahr 2013 schlug er einen von der Miliz festgenommenen Mann ins Gesicht und instruierte weitere Mitglieder der Gruppierung, den Gefangenen über Stunden hinweg brutal mit Plastikrohren zu traktieren. Im Herbst 2014 schlug und trat Ahmad H. gemeinsam mit anderen Milizionären und Mitarbeitern des syrischen Militärischen Geheimdienstes an einem Checkpoint vielfach auf einen Zivilisten ein. Der Beschuldigte packte das Opfer an den Haaren und knallte seinen Kopf auf den Bürgersteig. Sodann fesselte er den Mann, bevor dieser von der Miliz abtransportiert wurde. Zwischen Dezember 2012 und Anfang 2015 verhaftete der Beschuldigte in zwei Fällen an einem Checkpoint jeweils 25 bis 30 Personen und zwang diese für einen Tag, Sandsäcke an die nahegelegene Front zu transportieren. Dort arbeiteten die Gefangenen unter wiederholtem Beschuss und ohne Versorgung mit Nahrung und Wasser. Sie wurden zudem von dem Beschuldigten und anderen Milizangehörigen geschlagen.
Der Beschuldigte wurde heute (3. August 2023) dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihm den Haftbefehl eröffnet und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.
(c) Generalbundesanwalt, 03.08.2023