Das Verbot der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels nach der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung vom 17. April 2020 war nicht zu beanstanden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Nach § 7 Abs. 2 SächsCoronaSchVO war die Öffnung von Ladengeschäften grundsätzlich untersagt. Ausgenommen waren Geschäfte für den täglichen Bedarf (wie zum Beispiel Lebensmittelhandel) und für die Grundversorgung notwendige Geschäfte (unter anderem Drogerien, Garten- und Baumärkte, Buchhandel). Öffnen durften auch Ladengeschäfte des Einzelhandels jeder Art bis zu einer Verkaufsfläche von 800 qm. Für Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandel sah § 7 Abs. 1 Sächs-CoronaSchVO gesonderte Regelungen vor. Die Verordnung galt vom 20. April bis 3. Mai 2020.
Die Antragstellerin betreibt einen Elektronikfachmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1425 qm. Ihr Normenkontrollantrag, mit dem sie die Feststellung begehrt hat, dass § 7 SächsCoronaSchVO unwirksam war, blieb vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat ihre Revision gegen das Urteil zurückgewiesen.
Die angegriffenen Maßnahmen konnten auf § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes in der Fassung vom 27. März 2020 (IfSG) gestützt werden (vgl. zu Kontaktbeschränkungen und der Schließung von Gastronomiebetrieben und Sportstätten Urteil des Senats vom 22. November 2022 – 3 CN 1.21 – PM Nr. 69/2022; zur Untersagung von Versammlungen Urteil des Senats vom 21. Juni 2023 – 3 CN 1.22 – PM Nr. 49/2023). Ausgehend von der für das Bundesverwaltungsgericht verbindlichen Auslegung der Landesverordnung durch das Oberverwaltungsgericht genügten die in § 7 Abs. 1 und 2 SächsCoronaSchVO getroffenen Regelungen den Anforderungen an die Bestimmtheit aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die Öffnungsverbote waren ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur pandemischen Lage im Frühjahr 2020 verhältnismäßig und damit notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Die Differenzierung zwischen Ladengeschäften des Einzelhandels mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche (großflächige Geschäfte), die mit Ausnahme der in § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 SächsCoronaSchVO genannten Geschäfte schließen mussten, und Ladengeschäften mit maximal 800 qm Verkaufsfläche, die unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SächsCoronaSchVO öffnen durften, war mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war der Verordnungsgeber davon ausgegangen, dass großflächige Geschäfte aufgrund ihres umfangreicheren Warenangebots regelmäßig eine größere Attraktivität und Anziehungswirkung für Kunden hätten als kleinere Geschäfte; daher komme es bei Zulassung ihrer Öffnung zu einer Vielzahl zusätzlicher physischer Kontakte von Menschen auch auf den Wegen von und zu den Geschäften und damit zu einer Erhöhung des Infektionsrisikos. Die Bewertung des Oberverwaltungsgerichts, das sei ein tragfähiger Grund, der die Ungleichbehandlung der großflächigen Geschäfte rechtfertige, ist nicht zu beanstanden. Die Verkaufsfläche ist ein Maß, um die Attraktivität eines Geschäfts typisierend zu erfassen. Die vom Verordnungsgeber gewählte Grenze von 800 qm für die Ausnahme vom Öffnungsverbot war in der damaligen Pandemiesituation von seinem Einschätzungsspielraum gedeckt. Das gilt auch für das Verbot, die Verkaufsfläche durch Absperrung auf 800 qm zu reduzieren.
BVerwG 3 CN 3.22 – Urteil vom 25. Juli 2024
Vorinstanz:
OVG Bautzen, OVG 3 C 16/20 – Urteil vom 17. Mai 2022 –
(c) Bundesverwaltungsgericht, 25.07.2024